Technischer Fortschritt ist kein Selbstläufer Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil XII meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Die Steinzeit ging nicht zu Ende, weil die Steine ausgingen», sagte der frühere saudische Erdölminister und starke Mann der Opec, Scheich Ahmed Zaki Yamani, einmal, «und das Erdölzeitalter wird nicht zu Ende gehen, weil das Erdöl aufgebraucht ist.» Der Spruch ist gut und wird dementsprechend gerne zitiert. Er enthält das Credo des Techno-Optimismus: Der Fortschritt kommt unweigerlich, und er kommt rechtzeitig.
Über alternative Entwicklungspfade Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil XI meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Die Wirtschaftskapitäne, die die Eisenbahn durch unseren Kontinent geführt haben, leisteten Grossartiges für unser Volk», sagte US-Präsident Theodore Roosevelt 1901 vor dem Kongress und fügte bei, ohne Eisenbahn wären die USA nie so reich geworden.
Krieg, Ehre und Entscheidungsfreiheit Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil X meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden», sagt Möbius in Dürrenmatts Komödie «Die Physiker». «Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten», lautet die Trivialversion, die sich sowohl kulturpessimistisch-bedauernd einsetzen lässt wie auch apologetisch gegen jegliche Technikkritik. Dämme, Computer und anderes Spielzeug Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil IX meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Seit langer Zeit», schrieb der Mediävist Johan Huizinga in der Vorrede zu seiner bahnbrechenden Studie «Homo ludens», «hat sich bei mir die Überzeugung in wachsendem Maße befestigt, dass menschliche Kultur im Spiel – als Spiel – aufkommt und sich entwickelt.» Im ersten Jahrhundert unserer Zeit ließ Kaiser Nero beim heutigen Subiaco im Latium drei Staudämme bauen. Deren höchster war der höchste der Welt – und blieb es bis zu seiner Zerstörung durch ein Erdbeben 1305. Von der Wichtigkeit von Techniken Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil VIII meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Man soll das Rad nicht neu erfinden», sagt die Redewendung: Das Rad gilt, nebst der (sehr viel älteren) Beherrschung des Feuers, als Grundtechnik menschlicher Zivilisation schlechthin. Für das Feuer ist das gewiss richtig – aber für das Rad? Viele Kulturen nutzten das Rad nicht oder nicht zu Transportzwecken, darunter die Hochkulturen des präkolumbianischen Amerika (obwohl beispielsweise die Azteken Spielzeugwägelchen kannten). Mehr noch: Der persisch-arabisch-berberische Kulturraum gab die Technik des Warentransports auf Rädern, die er einst gekannt hatte, zugunsten des Kamels für mehr als ein Jahrtausend auf. Automobil und Technikangst Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil VII meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Vor jedem nicht von Pferden gezogenen Fahrzeug auf öffentlichen Strassen muss ein Mann gehen, mit einer roten Flagge bei Tag und mit einer Laterne bei Nacht, um den Verkehr vor dem Fahrzeug zu warnen.» Den Verkehr vor Motorfahrzeugen zu warnen: das erscheint heute, da nicht-motorisierter Verkehr in der Regel gar nicht mehr als «Verkehr» gilt, absurd. Doch genau dies schrieb Grossbritanniens so genannter Red Flag Act (Rote-Flagge-Gesetz) von 1865 vor. Für Autos limitierte dieses Gesetz die Geschwindigkeit auf vier Meilen (6,4 Kilometer) pro Stunde ausser- respektive zwei Meilen pro Stunde innerorts. Indianer und Pferd Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil VI meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. Younger Bear: «Ich habe eine Frau und vier Pferde.» Little Big Man: «Ich habe ein Pferd und vier Frauen.» Der prototypische Indianer reitet, führt Krieg, lebt nomadisch im Tipi, jagt, kennt steile Hierarchien, ist ein Macho – und frönt der Vielweiberei. Der Indianer, wie man ihn aus Wildwest-Filmen und -Romanen kennt – und wie ihn der Film «Little Big Man», aus dem obiger Dialog stammt, parodiert –, orientiert sich am historischen Vorbild der Prärieindianer (Sioux, Cheyennes…) des 19. Jahrhunderts. Diese Kultur ist das Resultat einer Energierevolution. Glühbirne und Energiekonsum Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil V meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.
Dampfmaschine und Machtstruktur Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil IV meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Technik ist der Kunst näher verwandt als der Wissenschaft», hat der amerikanische Ingenieur Cyril Stanley Smith einmal geschrieben. – Dass Technik als Anwendung aus der Wissenschaft hervorgeht, ist eher die Ausnahme als die Regel. Häufiger geht sie der Wissenschaft voraus. Paradebeispiel ist die Dampfmaschine. Thomas Newcomen, der vor genau 300 Jahren die erste funktionstüchtige Dampfmaschine baute, war Schmied: dem Künstler näher als dem Wissenschafter. Andere vor ihm hatten versucht, die Dampfkraft zu nutzen, aber erst Newcomen erreichte die nötige Präzision der Kolben, Ventile und Dichtungen. Wohl profitierte er von der Wissenschaft – aber von deren praktischen Erfahrungen: Naturforscher experimentierten schon länger mit Luftdruck und Vakuum und liessen entsprechende Geräte bauen. Die Theorie der Thermodynamik indes folgte erst anderthalb Jahrhunderte nach der ersten thermodynamischen Maschine. Fruchtfolge mit Hülsenfrüchten Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil III meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Wir gelangen jetzt» schrieb der große Chemiker Justus Liebig in einem Chemie-Lehrbuch von 1840, «zum wichtigsten Zweck des Feldbaues, nämlich zur Production von assimilirbarem Stickstoff.»
Stickstoff ist in der Natur ausgesprochen häufig: Die Luft besteht zu vier Fünfteln daraus. Doch Luftstickstoff ist sehr reaktionsträge; ihn in den Nährstoffkreislauf einzubringen, ist aufwendig. Deshalb sind Stickstoffverbindungen in der Biosphäre knapp – oder waren knapp, bevor im 20. Jahrhundert die Überdüngung mit von Menschen hergestellten Stickstoffverbindungen zu einem der ganz großen Umweltprobleme wurde. Atomtechnik und Sachzwang Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil II meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ. «Wie die Kettenreaktionen auf der Sonne uns Wärme, Licht und Leben bringen, so schafft die Atomenergie (...) aus Wüste Fruchtland, aus Eis Frühling. Einige hundert Pfund Uranium und Thorium würden ausreichen, (...) Sibirien und Nordkanada, Grönland und die Antarktis zur Riviera zu verwandeln», schrieb der Philosoph Ernst Bloch 1959. Heute ist aus einer kühnen Utopie eine existenzielle und sehr reale Bedrohung geworden – und die Technik, die einst die Polkappen abschmelzen sollte, wird von einigen als unverzichtbar betrachtet, um ebendies zu verhindern. Buchdruck und Schriftkultur Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil I meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.
Wie Begriffe unsere Erwartungen an die Technik prägen. NZZ vom 25. April 2012
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AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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