Abenteurer musste einer sein, dorthin auszuwandern, wo er niemanden kannte. Leonardos Vater kam bis New York, anno 1910, und war begeistert; er kehrte zurück, seine Braut in Santeramo zu holen. Doch die Eltern der Braut waren dagegen und Leonardos Vater blieb.
Ein halbes Dorf wanderte aus: Um 1970 lebten rund 3000 Menschen aus Santeramo in Colle (Apulien) in Bülach. Viele sind geblieben, viele sind zurückgekehrt. – «Die Weltwoche» vom 21. Mai 1998 An einem Werktag im Jahre 1956 blieb Leonardo Natuzzi in Zürich HB im Schnellzug 6 Uhr 31 aus Milano sitzen. Er kam aus dem apulischen Nest Santeramo in Colle – aufgebrochen, um im reichen Zürich Arbeit und sein Glück zu suchen – und schlief. Er erwachte, als der Zug den Hauptbahnhof Zürich um 7.07 Richtung Schaffhausen verliess. Der nächste Halt war Bülach, wo Leonardo ausstieg; in der Ausnüchterungszelle der Polizei konnte er für wenig Geld übernachten. Abenteurer musste einer sein, dorthin auszuwandern, wo er niemanden kannte. Leonardos Vater kam bis New York, anno 1910, und war begeistert; er kehrte zurück, seine Braut in Santeramo zu holen. Doch die Eltern der Braut waren dagegen und Leonardos Vater blieb. So war Leonardo der erste richtige Emigrant der Familie. Er landete in dem zürcherischen Nest Bülach, fand an Landsleuten eine Handvoll Norditaliener, die ersten von ihnen waren für den Bau der Eisenbahnbrücke bei Eglisau gekommen, aber die mochten die aus dem Süden nicht allzusehr.
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AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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