Das Klimaabkommen von Paris ist unterzeichnet. Was zu tun wäre, wenn man es ernst nähme. – «Politblog» auf «Newsnet» vom 6. Mai 2016 / «Tages-Anzeiger» vom 7. Mai 2016 Am 22. April hat Doris Leuthard am UNO-Hauptsitz für die Schweiz das im Dezember ausgehandelte Pariser Abkommen unterzeichnet. Vier Wochen zuvor gab der Bundesrat bekannt, wie er sich die Zukunft der schweizerischen Klimapolitik vorstellt. Er zeigte damit, dass er nicht verstanden hat, was man in Paris ausgehandelt und in New York unterzeichnet hat.
Was, wenn das Sklavenproblem so «gelöst» worden wäre, wie wir heute das Klimaproblem «lösen»? – Ein Gedankenexperiment im «Tages-Anzeiger» und «Bund» vom 17. Februar 2015 Ende 2015 soll die UNO-Klimakonferenz in Paris schaffen, was vor sechs Jahren in Kopenhagen misslang: ein Klimaabkommen, das den Klimawandel stoppt. Anfang 2015 jährte sich zum 150. Mal die offizielle Abschaffung der Sklaverei durch den US-Kongress. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Doch es gibt Parallelen: Eine wirksame Klimapolitik müsste den Weg aus der Nutzung der wichtigsten Energierohstoffe weisen – Öl, Kohle und Gas. Der US-Kongress verbot 1865 die Nutzung einer entscheidenden Energiequelle der industriellen Revolution – der menschlichen Zwangsarbeit(1). Und genauso, wie heute das – CO2 verursachende – Erdöl im Zentrum der Weltwirtschaft steht, bildete die – von Sklaven produzierte – Baumwolle das Rückgrat des frühen Industriekapitalismus.(2) Eine wirksame Klimapolitik muss mächtige wirtschaftliche Interessen überwinden. Auch die Abschaffung der Sklaverei setzte sich gegen starke wirtschaftliche Interessen durch: Die Sklaverei war vor 150 Jahren höchst profitabel. Aber während damals die Argumente der Menschlichkeit siegten, dominiert heute das Argument der – kurzfristigen – Wirtschaftlichkeit über den Erhalt der Lebensgrundlagen. Das hat damit zu tun, dass ein Grossteil der Politik bis heute der Maxime folgt, die Margaret Thatcher so formulierte: «Es gibt keine Alternative.»
Was wäre geschehen, wenn man im 19. Jahrhundert so gedacht hätte? Und die Sklaverei weiter so behandelt hätte, wie man heute das Klimaproblem angeht? Eine Fabel. Das Geschäft mit den CO2-Abgaben ist schwer zu durchschauen. Wie funktioniert er im Detail – und hilft er tatsächlich gegen den Klimawandel? – «NZZ Folio» Nr. 3 (März) 2010 Block 5 des Kraftwerks Hafen in Bremen ist ein mittelgrosses Kohlekraftwerk, das Strom und Wärme für den Westteil der Stadt liefert, die eine halbe Million Einwohner zählt. 2008 pustete Block 5 bei der Energieerzeugung 703 762 Tonnen Kohlendioxid (CO2) in die Luft. Die Zahl ist im Emissionshandelsregister des deutschen Umweltbundesamtes publiziert. Tra Linh 3 ist ein kleines Flusskraftwerk in Vietnam, das dereinst jährlich 14 853 Tonnen CO2 vermeiden soll. Diese Zahl ist zwar einigermassen hypothetisch – das Kraftwerk ist noch gar nicht in Betrieb –, aber für die Stadtwerke Bremen ist sie wichtig: Sie benötigen seit 2005 Berechtigungen, um CO2 ausstossen zu dürfen. Und weil sie in Tra Linh 3 investieren, dürfen sie das dort eingesparte CO2 mit den eigenen Emissionen verrechnen. CO2, ob ausgestossen oder vermieden, ist eine Handelsware. Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Heute die Top-Nachricht auf der Homepage der Klimakonferenz: «Spitzenforscher hofft, dass die Kopenhagener Verhandlungen fehlschlagen». James Hansen, herausragender Klimaforscher der Nasa und eine der renommiertesten Stimmen - vielleicht die am schärfsten vor dem Klimawandel warnende Stimme der Klima-Forschergemeinde überhaupt - argumentiert im Interview mit dem britischen «Guardian», der Ansatz des Handels mit Emissionsrechten, den das Kioto-Abkommen von 1997 etabliert hat, sei derart falsch, dass ein neues Abkommen, das dem selben Ansatz folge, schlechter sei als ein Misserfolg in Kopenhagen. Hansen vergleicht - kein neuer Vergleich - den Emissions- mit dem Ablasshandel der katholischen Kirche (der zur Reformation beitrug). Tatsächlich ist der Emissionshandel eine höchst strittige Sache. Die EU hatte sich in den Verhandlungen zum Kioto-Protokoll zunächst dagegen gewehrt, ebenso die Vertreter der Entwicklungs- und Schwellenländer (G77). Heute freilich baut die EU ihre Klimapolitik in erste Linie auf ihr Emissionshandelsschema.
Hans-Werner Sinn, der «Papst des Neoliberalismus», kritisiert die Klimapolitik - und trifft den Nagel auf den Kopf. Man sollte ihn ohne falsche Ängste lesen. – Rezension von «Das grüne Paradoxon» in der «WOZ Die Wochenzeitung» vom 5. März 2009 Ende dieses Jahres soll in Kopenhagen das neue Abkommen gegen den Klimawandel verabschiedet werden. Dass das erste solche Abkommen, das Kioto-Protokoll, es nicht schaffen wird, die Emissionen zu senken, ist jetzt schon klar. Das liegt sicher nicht daran, dass nichts geschähe. Es geschieht das Falsche: Statt den Klimawandel zu stoppen, scheinen viele Massnahmen lediglich dazu geeignet, aus der vorgeblichen Bekämpfung des Klimawandels Profit zu schlagen. Vermutlich hat keine einzelne Person so viel dazu beigetragen, die internationale Klimapolitik zu verwässern, wie ausgerechnet der als Klimaheld gefeierte Al Gore. Als Vizepräsident der USA unternahm er alles, um die Verhandlungen auf einen Pfad zu bringen, der auch für den Kongress in Washington tragbar wäre. Trotz dieser Bemühungen ratifizierte der Kongress das Kioto-Protokoll nicht, sodass wir heute ein durch und durch US-amerikanisch geprägtes Klimaabkommen ohne die USA haben. Vor allem aber brachte Gore - gegen den anfänglichen Widerstand der EU und der meisten Entwicklungs- und Schwellenländer - eine ökonomistische Logik in die Verhandlungen ein, die heute selbst UmweltschützerInnen normal erscheint. Ausdruck davon sind die «flexiblen Mechanismen» des Kioto-Protokolls, also die Möglichkeit, Klimaschutz einzukaufen, statt das Klima selber zu schützen. In seinem Film «Die unbequeme Wahrheit» propagierte Gore schliesslich die bequeme Sicht, die Technologie werde es richten. ÖKONOMISMUS GEGEN UMWELT – Wirtschaftsministerin Doris Leuthard propagiert die «klimaneutrale» Schweiz. Was daran falsch ist. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 11. Oktober 2007 Der Handel mit CO2-Emissionsrechten gilt vielen als Königsweg zur Emissionsreduktion. Wie funktionert der Handel? Was bringt er? Was sind seine Nachteile? Eine dreiteilige Serie in der «WOZ Die Wochenzeitung». Teil I: Gerecht geht nicht (WOZ vom 29. März 2007) Wer Emissionsbegrenzungen mit einem Markt verbindet, ermöglicht effizienteren Klimaschutz. Sagt die Theorie. Die ersten Erfahrungen lassen zweifeln. Link zum Artikel Teil II: «Klimaschutz kann Ihr Klima gefährden» (WOZ vom 5. April 2007) Klimaschädigende Emissionen können kompensiert werden. Wirklich? Was genau kaufen wir eigentlich, wenn wir «Kompensationen» kaufen? Link zum Artikel Teil III: Der Preis der Verschmutzung (WOZ vom 12. April 2007)
Emissionshandel erscheint heute als zwingend in der Klimadiplomatie. Dabei ist er einer ganz bestimmten Ideologie verpflichtet. Man könnte auch anders. Link zum Artikel |
AutorMarcel Hänggi Themen
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