Die französische Anthropologin Nastassja Martin wurde von einem Bären attackiert. Ihre poetischen Aufzeichnungen erzählen davon, wie ein anderer Umgang mit unserer Mitwelt möglich wäre. – Rezension von Nastassja Martin: An das Wilde glauben. Matthes & Seitz, Berlin, 2021. 139 Seiten, 28 Franken. Erschienen in der WOZ Die Wochenzeitung vom 25. März 2021. Am 25. August 2015 wird auf der russischen Halbinsel Kamtschatka eine 29-jährige Französin von einem Bären angefallen. Er beisst einen Teil ihres Unterkiefers weg – doch sie kann den Bären mit ihrem Eispickel in die Flucht schlagen. Wie durch ein Wunder überlebt sie.
Das Landesmuseum widmet dem Dada-Jubiläum eine viel gelobte Ausstellung. Diese drischt kräftig Phrasen – wo Dada doch gerade auch ein Protest gegen Worthülsen war. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 25. Februar 2016 und «Ausstellungskritik» vom 25. Februar 2016. Dadaismus, praktisch: Lesen Sie mal das Flugblatt in dieser Vitrine, ohne andere am Lesen des Objekttexts zu hindern! Verstehen Sie das: «jolifanto bambla ô falli bambla grossiga m’pfa habla horem»? Natürlich nicht: Das ist der Anfang von Hugo Balls Dada-Gedicht «Karawane». Verstehen Sie das: «Hundert Jahre Dada. Der Vergleich zwischen heute und damals zeigt: Krisen und Katastrophen, Technikeuphorie und Allmachtsphantasien führen zu Ekstasen und Radikalisierung»? Das ist ein Text in der Ausstellung «Dada Universal» im Zürcher Landesmuseum. – Verstehen Sie ihn wirklich? Rezension von Jeremy Rifkin: Die dritte industrielle Revolution. Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter. Frankfurt/Main 2011. 303 Seiten. – »Die Zeit« vom 15. September 2011 Wer hat nicht alles in jüngster Zeit die Energierevolution ausgerufen. Doch wie inhaltleer ist dieser Revolutionsbegriff allzu oft – verstehen die meisten darunter doch einzig technische Erneuerung, Ersatz »dreckiger« Energien durch »saubere«, Steigerung der Energieeffizienz. Was ungefähr so revolutionär ist, als hätte man anno 1789 in Paris gefordert, das Volk effizienter auszubeuten. Nicht so Jeremy Rifkin. Die vom vielschreibenden amerikanischen Soziologen beschworene Revolution soll ihren Namen verdient haben und »jeden Aspekt unseres Lebens fundamental verändern«. Rifkin fragt, was eine echte Energiewende für die Macht-, die Eigentumsverhältnisse, für unsere Beziehungen untereinander und zur Umwelt heißen müsste. Allein dafür möchte man sein Buch aus einem Meer technokratischer Bücher lobend hervorheben. Als ich jüngst verhört wurde, weil eine Autofahrerin, die beinahe meine Kinder überfahren hätte, mich verzeigt hatte (mein Schimpfen hatte sie eingeschüchtert), fragte die Polizistin plötzlich: «Hassen Sie Autos?» Nun, ich habe Kinder, bin Fussgänger und Radfahrer – wie käme ich dazu, Autos nicht zu hassen? Aber es gibt Situationen, da sollte man nicht ehrlich sein.
Mit Effizienzsteigerung allein ist's nicht getan. Rezension von: Peter Hennike und Susanne Bodach: Energierevolution. Effizienzsteigerung und erneuerbare Energien als neue globale Herausforderung. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 24. Juni 2010 An Neuerscheinungen, die einen Kurswechsel in Sachen Energie anmahnen, besteht kein Mangel. Dass dabei mit grossen Worten hantiert wird, ist auch nicht neu. Wenn «Energierevolution» von Peter Hennicke und Susanne Bodach besondere Hoffnungen weckt, so vor allem deshalb, weil es aus dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie kommt – einem Institut, das gute Arbeit leistet und einen politisch bewussten Umweltbegriff pflegt. Umso grösser die Enttäuschung. Was das Buch interessanter macht als andere, ist, dass es den Entwicklungsländern besonderes Augenmerk widmet. Das wars dann aber schon mit der Originalität. Rezension von Kathrin Hartmann: Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt. Karl Blessing, München 2009, sowie Franz Alt / Peter Spiegel: Gute Geschäfte. Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise. Aufbau, Berlin 2009. – «Die Zeit» vom 17. September 2009 Nehmen wir mal an, die Menschheit kriegt die Kurve nicht. Die Pole schmelzen, der Meeresspiegel steigt. Die Erträge der Landwirtschaft brechen ein, Hungersnöte und Ressourcenkriege prägen die Welt. Was sehen die Historiker der Überlebenden, wenn sie auf unsere Zeit zurück blicken? Sie sehen eine Gesellschaft, die sich der Gefahr bewusst ist, die aber – statt den Kurs zu wechseln – »eine Million Bäume« pflanzt und das als Erfolg feiert, während die Tropenwälder schwinden. Sie sehen, wie Automobilkonzerne für jedes verkaufte Auto, jeden neuen Sargnagel des Klimas, einen Baum spendieren. Und sie sehen Menschen, die solche Konzerne zu Botschaftern ihrer Umweltsorgen machen. Hans-Werner Sinn, der «Papst des Neoliberalismus», kritisiert die Klimapolitik - und trifft den Nagel auf den Kopf. Man sollte ihn ohne falsche Ängste lesen. – Rezension von «Das grüne Paradoxon» in der «WOZ Die Wochenzeitung» vom 5. März 2009 Ende dieses Jahres soll in Kopenhagen das neue Abkommen gegen den Klimawandel verabschiedet werden. Dass das erste solche Abkommen, das Kioto-Protokoll, es nicht schaffen wird, die Emissionen zu senken, ist jetzt schon klar. Das liegt sicher nicht daran, dass nichts geschähe. Es geschieht das Falsche: Statt den Klimawandel zu stoppen, scheinen viele Massnahmen lediglich dazu geeignet, aus der vorgeblichen Bekämpfung des Klimawandels Profit zu schlagen. Er war Kunstmäzen, Nietzsche-Jünger, Aristokrat und Kommunist, Kriegsverherrlicher und Pazifist – und vor allem: Jahrhundertprotokollant. Reisebericht von einer 10.000-Seiten-Tagebuchlektür: Harry Graf Kessler (1868 - 1937) – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 12. Februar 2009
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AutorMarcel Hänggi Themen
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