Marcel Hänggi
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Homo ludens

19/12/2012

 
Dämme, Computer und anderes Spielzeug
Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil IX meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.

BildTechnische Höchstleistung für ein Spielzeug: der (programmierbare) Schreiber aus der Werkstatt Jaquet-Droz
«Seit langer Zeit», schrieb der Mediävist Johan Huizinga in der Vorrede zu seiner bahnbrechenden Studie «Homo ludens»,  «hat sich bei mir die Überzeugung in wachsendem Maße befestigt, dass menschliche Kultur im Spiel – als Spiel – aufkommt und sich entwickelt.»

Im ersten Jahrhundert unserer Zeit ließ Kaiser Nero beim heutigen Subiaco im Latium drei Staudämme bauen. Deren höchster war der höchste der Welt – und blieb es bis zu seiner Zerstörung durch ein Erdbeben 1305.

Der Wasserbau zur Be- und Entwässerung gehört zu den ersten Großtechniken der Menschheit. Sein Nutzen fällt ins Auge; die ersten Hochkulturen wären nicht ohne Wasserbau entstanden. Die größte wasserbauliche Einzelanlage der Antike aber, Neros Damm, diente keinem utilitaristischen Zweck: Nero ließ ihn bauen, um seinen Lustgarten in Tivoli vor den Toren Roms zu bewässern.

Wir neigen dazu, Technik im Lichte ihrer Nützlichkeit zu betrachten. Doch für ihre Entwicklung mindestens so wichtig sind das Schöne und das Lustvolle.

Beispiele, die das illustrieren, gibt es viele. Eines der weitest verbreiteten Maschinenbücher der Renaissance, Agostino Ramellis «Diverse et artificiose Machine» von 1588, enthielt Illustrationen von fast 200 phantastischen Maschinen, die es nicht gab und nie geben würde. Ramelli «gab Antworten auf Fragen und fand Lösungen für Probleme, die niemand gestellt hatte», wie der Technikhistoriker Eugene Ferguson feststellte. In Versailles gab es ausgeklügelte Wasserspiele. Weil die Pumpleistung sonst nicht ausgereicht hätte, steuerten Diener die Anlage im Versteckten so, dass die Wasserspiele immer nur gerade dort Wasser spieen, wo die Königin vorbei spazierte – auch Täuschung ist ein Element des Spiels. Die Schweizer Uhrmacher Pierre und Henri-Louis Jaquet-Droz trieben ihre Kunst mit mechanischen Puppen auf die Spitze, die schreiben oder Klavier spielen konnten. Sie bauten auch Rechenmaschinen – und die Entwicklung der modernen Rechenmaschinen wiederum, namentlich des Personal Computers, erhielt in den 1960er Jahren entscheidende Impulse von Studenten, die sich in die Großrechner ihrer Unis einhackten und Rechenleistung stibitzten – um Computerspiele zu betreiben.

Spiel ist eine Tätigkeit, die um ihrer selbst Willen geschieht; Spiel ist häufig Wettstreit, und Spiel ist verbunden mit der Lust, Grenzen zu überwinden. Spiel muss indes nicht harmlos sein.

Auch eine der größten Unternehmungen des forcierten wissenschaftlich-technischen «Fortschritts» kann man als ein gigantisches Spiel sehen: die «Eroberung» des Alls. Sputniks Piepsen hatte keinen anderen Zweck als zu piepsen (und gehört zu werden, auf dass es verkünde: Wir waren schneller!) und die in den Mondsand gesteckte US-Flagge keinen anderen, als dort zu stehen und gefilmt und gesehen zu werden. Vor der bemannten Raumfahrt hegten sowohl die USA wie die Sowjetunion Pläne, auf dem Mond eine Atombombe zu zünden. Wissenschafter berechneten, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die Sonne den Atompilz besonders schön beleuchten würde.

Ein guter Ingenieur ist immer auch ein wenig Spieler: Er hat die Phantasie, sich die Welt auch anders vorzustellen, als sie ist.

Marcel Hänggi

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    Autor

    Marcel Hänggi
    ​

    Journalist und Buchautor
    dipl. Gymnasiallehrer​
    Dr. phil. h.c.
    ​Mitarbeiter Schweizerische Energie-Stiftung
    ​
    Zürich


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