In den Städten gerät das Auto in die Defensive, die Corona-Pandemie beschleunigt den Trend. Ist das erstaunlich? Erstaunlich ist, dass die Vorherrschaft des Automobilismus so lange angehalten hat: ziemlich genau hundert Jahre. – WOZ Die Wochenzeitung vom 25. Juni 2020. Am 9. Februar schoss der Gewerbeverband in Basel-Stadt ein Eigentor: Mit einer Volksinitiative wollte er mehr freie Fahrt für das Auto im Stadtkanton. Der Kantonsrat stellte dem einen Gegenvorschlag entgegen, der in die umgekehrte Richtung zielte – und an der Urne gewann: Ab 2050 sind im Stadtkanton nur noch «flächeneffiziente, emissionsarme, klima- und ressourcenschonende» Fortbewegungsarten zugelassen. Am gleichen Abstimmungssonntag lehnte der Kanton Zürich den Rosengartentunnel ab. Er hätte Zürich-Wipkingen von der automobilen Plage auf der Rosengartenstrasse befreien sollen. Doch gerade in Wipkingen war die Ablehnung besonders wuchtig. Die Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs durch den Bau neuer Strassen lindern zu wollen, war jahrzehntelang eine mehrheitsfähige Idee. Jetzt verfing sie nicht mehr. Auch die Fertigstellung des 1960 beschlossenen Nationalstrassennetzes stösst auf ihren letzten Kilometern auf heftigen Widerstand aus den Städten, die davon «profitieren» sollten – Biel, Luzern, Lausanne. Es drohe ein Verkehrskollaps, heisst es beim Bund. Das Strassennetz müsse einmal mehr ausgebaut werden. Die Verkehrsplanung hält diese Lösung längst für zu simpel. Doch raffiniertere konnten sich bis heute nie durchsetzen. – Die Republik vom 28. Januar 2019 ![]() «Die Schweiz hat ein Verkehrsproblem», sagt Jürg Röthlisberger, der oberste Strassenbauer der Schweiz. Das Problem, das er sieht, lautet in einem Wort: Stau. Er will es lösen – «faktenbasiert, ohne Dogmen, ohne Gut und Böse». Einen solchen Ansatz würden auch die zwei Verkehrsplaner für sich in Anspruch nehmen, mit denen die Republik über die Strassenpolitik des Bundes sprach. Und doch kommen sie zu teilweise anderen Schlüssen als der Direktor des Bundesamtes für Strassen (Astra). > weiterlesen auf Republik.ch Mobilität der Zukunft: Mein Referat an der Fachtagung der Schweizerischen Energie-Stiftung9/21/2018
![]() Wie könnte oder müsste eine Mobilität aussehen, die ökologisch verträglich ist und die, vor allem, Freude macht? Eine solche Mobilität muss billig sei, denn alle müssen sie sich leisten können. Und wenn sich sogar die Autobranche die ideale Welt (vom jeweils eigenen Auto abgesehen) autofrei ausmalt, wird es wohl eine Zukunft ohne Automobilismus sein müssen. > Der Vortrag vom 21. September 2018 auf Youtube (19 min. 20 sec.) Mobilität ist ein Sorgenkind der Energie- und Klimapolitik. Der Verkehr wächst und wächst – und mit ihm Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Wir werden immer mobiler, heisst es. Aber das stimmt nicht: Was zunimmt ist nicht die Mobilität, sondern der Mobilitätsaufwand. – Energie und Umwelt Nr. 4/2018 ![]() Mobilität ist ein Sorgenkind der Energie- und Klimapolitik. Der Verkehr wächst und wächst – und mit ihm Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Wir werden immer mobiler, heisst es. Aber das stimmt nicht: Was zunimmt ist nicht die Mobilität, sondern der Mobilitätsaufwand. > weiterlesen: PDF «Zürich braucht mehr Formel E, nicht weniger», schrieb mein guter Kollege Lorenzo Petrò im Tages-Anzeiger vom 12. Juni 2018, nach dem «Formel E»-Autorennen in Zürich. Ich sage: Unsinn. – Meine Replik im Tages-Anzeiger vom 14. Juni. ![]() «Technologiefeinde» wollten künftige Formel-E-Rennen in Zürich verhindern, schreibt Lorenzo Petrò. Das sei «schädlich für die Stadt» und die Kritiker übersähen, dass «das Formel-E-Spektakel ein Fest nicht nur des Automobils, sondern der elektrischen Mobilität» sei. Genau darum geht es. Ich will es niemandem verwehren, sich an Autorennen zu freuen. Dabei aber so zu tun, als hätte die Sache etwas mit sinnvoller Mobilität, gar mit Nachhaltigkeit zu tun: Das ist ärgerlich und falsch. Das Velo gilt als Wegbereiter des Autos. Oh Schreck: Haben unsere Vorfahren unserem Erzfeind zum Aufstieg verholfen? Die These hat auf den ersten Blick einiges für sich – und hält einer kritischen Überprüfung doch nicht stand. – «Velojournal» Nr. 3 (Juni) / 2017 ![]() Wie schön liesse sich die Geschichte des Velos doch als Geschichte eines technischen Wundergeräts schreiben. Es ermöglicht die Fortbewegung zu Land energieeffizienter als alles, was Mensch und Natur sonst noch erfunden haben. Es belastet ökologisch niemanden und steht (fährt) somit sozial stets auf der «guten Seite.» Es ist laut dem Technikphilosophen Ivan Illich das Paradebeispiel menschenfreundlicher Technik. Und damit eine solche Geschichte nicht kitschig wird, könnte man als kritische Note auf die Dopingexzesse im Rennsport hinweisen – die uns DurchschnittsradfahrerInnen nicht viel angehen. Wir können uns heute gar nicht mehr vorstellen, wie sehr unsere Städte einst stanken. Werden sich unsere Nachfahren die heutigen Auto-vermüllten Städte noch vorstellen können? – «Politblog» auf «Newsnet» / «Tages-Anzeiger» vom 4. April 2017 ![]() Im Sommer 1858 stank es in London. Das war an sich nichts Besonderes: Alle grossen Städte stanken zum Himmel. Aber wenn ein Sommer unter dem Namen «the Great Stink» in die Annalen eingeht, muss es schon besonders fürchterlich gestunken haben. Eine der bemerkenswertesten technischen Erfindungen kann Jubiläum feiern: 2017 wird das Fahrrad 200. – «Politblog» auf «Newsnet» / «Tages-Anzeiger» vom 24. Januar 2017 ![]() Nein, ich mag nicht darüber schreiben, wovon dieser Tage alle reden – kein T-Wort in diesem Text! –, und will mich Erfreulicherem widmen. Heuer feiert (rechnet man ihre Vorgängertechniken dazu) eine der bemerkenswertesten Erfindungen der Technikgeschichte ihren 200. Geburtstag: das Fahrrad. Kommentar in der «WOZ Die Wochenzeitung» vom 30. Juni 2016. ![]() Im Silicon Valley sind sie schon länger ein Hype, nun hat es auch den Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), Jürg Röthlisberger, erwischt. In der «Zentralschweiz am Sonntag» schwärmt er in hohen Tönen vom «enormen Potenzial» «intelligenter», also sich selbst steuernder Autos. Sie seien sicherer als von Menschen gesteuerte und erhöhten die Strassenkapazität, da sie näher aufschliessen könnten. ![]() Langsam beginnt die Politik zu entdecken, wie wichtig eine ganz andere Verkehrspolitik gerade angesichts des Klimawandels wäre. Bis das Velo aber über einzelne Städte hinaus als Verkehrsmittel ernst genommen wird, ist es noch ein weiter Weg. – Beitrag zum Klima-Schwerpunkt im Velojournal Nr. 6/2015.
Im Oktober haben die EU-Transportminister eine «Deklaration über das klimafreundliche Radfahren» verabschiedet. (ganzen Artikel als PDF runterladen).
VW trickst – die Behörden reagieren. Motorradhersteller tun genau das Gleiche – die Behörden tun nichts. – WOZ Die Wochenzeitung vom 1. Oktober 2015 Software, die Prüfsituationen erkennt und dafür sorgt, dass ein Fahrzeug jeden Emissionstest besteht – während es sonst um ein Vielfaches dreckiger ist: Tönt das nach dem Unternehmensskandal des Jahres? Gewiss. Doch was VW mit seinen Dieselautos tat, um Abgasvorschriften zu umgehen, tun auch die Hersteller von Motorrädern, um sich über Lärmgrenzen hinwegzusetzen. Sie geben sich wenig Mühe, ihr Tun zu verheimlichen: Der «Sound» ist ein Werbeargument, und niemand hat sie bisher gebremst.
MOBILITY PRICING – Das Bundesamt für Strassen hat eine Anhörung zum Thema Mobility Pricing durchgeführt. Die Linke sieht darin eine verursachergerechte Abgabe, ÖkonomInnen eine marktwirtschaftliche Massnahme. Beides beruht auf einem grundlegenden Missverständnis. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 10. September 2015 / «Infosperber» vom 11. September 2015 ![]() Auf den ersten Blick ist es erwartbar langweilig: Das Bundesamt für Strassen (Astra) wollte mit einer Anhörung die Meinungen zum so genannten Mobility Pricing ergründen – also zu einer Steuerung des Verkehrsaufkommens mittels Gebühren. Zur Linken findet man das grundsätzlich gut, auch wenn man es gern griffiger hätte, als es das Astra vorschlägt; der Rechten ist die Vorstellung eines steuernd in den Verkehr eingreifenden Staats ein Gräuel. Das erste «selbstfahrende Auto» auf Schweizer Strassen war ein Medienereignis. Es mache den Strassenverkehr sicherer und ökologischer, hiess es allenthalben. Wirklich? – »Velojournal« Nr. 4 (Juli) / 2015 Nun ist da also, als Schweizer Premiere, eines jener Autos durch Zürichs Strassen gefahren, die allenthalben als das bezeichnet werden, was Auto-Mobile ihrem Namen nach schon lange zu sein vorgeben: selbstfahrend. Dem Telekommunikationsunternehmen, das an der Jungfernfahrt beteiligt war, ist ein PR-Coup gelungen.
Interview mit der Philosophin Eva Schiffer und dem Journalisten Marcel Hänggi in der Zeitschrift «Tec21» vom 12. Februar 2015 ![]() Der gegenwärtige Verkehr ist hochgradig dysfunktional: Immer mehr zurückgelegte Kilometer schränken die Mobilität der Menschen immer weiter ein. Das ist offensichtlich – wenn man hinschaut, statt in vorgespurten Kanälen zu denken. > zum Interview (externer Link) ENZYKLOPÄDIE ZEITGENÖSSISCHER IRRTÜMER (FOLGE 41): Noch nie bewegten sich die Menschen so wenig wie heute. Ein Tor, wer behauptet, wir würden immer mobiler! – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 30. Januar 2014 So unversöhnlich die Positionen in der Verkehrspolitik sind, in einem herrscht Konsens: Die Menschen würden immer mobiler. Was damit zu tun habe, dass Mobilität immer billiger werde. Zu billig, finden manche (hier ist es mit dem Konsens vorbei). Deshalb müsse die Mobilität teurer werden.
Aber das ist Unsinn. |
AutorMarcel Hänggi
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