Nebenbeschäftigungen von ETH-ProfessorInnen – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 26. Juni 2014 Als die WOZ erfolgreich die Herausgabe von Verträgen der beiden ETHs mit Lehrstuhlstiftern verlangte (siehe WOZ Nr. 19/2014), wollte sie noch mehr wissen: Das Akteneinsichtsgesuch umfasste auch Listen von Nebenbeschäftigungen, die die ProfessorInnen beider ETHs gegenüber ihrer Schulleitung deklariert haben. Nun liegen die Listen vor.
Was haben Schweizer Hochschulen zu verbergen? «Transparenz» ist ein Zauberwort im modernen Hochschulbetrieb. Aber wie halten es Schweizer Universitäten, wenn man wissen will, was sie nicht sagen wollen? Wenn man es genau wissen will, entpuppt sich das Zauberwort als leeres Bekenntnis. Seit den 1990er Jahren befindet sich die Hochschullandschaft im Umbruch. Die universitären Hochschulen sind «autonom» geworden und sollen mehr Gelder aus privaten Quellen einwerben: So will es die Politik.
Mit einer teilweise privaten Wissenschaftsfinanzierung – wie mit dem Umstand, dass Wissenschafterinnen und Wissenschafter vermehrt für Privatunternehmen tätig sind oder gleich selber Unternehmen gründen – sind Chancen verbunden, aber es besteht auch das Risiko von Interessenkonflikten. Transparenz könnte das Risiko reduzieren: Deshalb verlangen zahlreiche Wissenschaftsjournale von ihren Autorinnen und Autoren, allfällige Interessenbindungen offenzulegen (ob sie es tun, steht auf einem anderen Blatt). Wenn man vier öffentliche Stellen um Informationen angeht und drei mal angelogen wird, läuft etwas falsch. Dass es sich bei den Stellen um Universitäten handelt, ist besonders stoßend. Vortrag von investigativ.ch-Geschäftsführer Marcel Hänggi am Seminar «Follow the Money!» des Schweizer Klubs für Wissenschaftsjournalismus (SKWJ) am 21. Mai 2014 in Bern* Wissenschafter/innen versuchen, wahre Aussagen über die Welt zu machen. Sie sind dabei der Wahrheit und nichts als der Wahrheit verpflichtet. In unserem heutigen Seminar «Follow the Money» geht es darum, inwieweit dieses Ideal dadurch gestört wird, dass neben der Wahrheitssuche eben auch andere Faktoren – etwa: Geld – wissenschaftliches Handeln leiten.
Zwei Monate, nachdem die Uni Zürich ihren Geheimvertrag mit der UBS aufgrund öffentlichen Drucks publiziert hat, müssen auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne Verträge mit Lehrstuhlsponsoren offen legen. Der Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hat entsprechende Akteneinsichtsgesuche von mir gutgeheissen. Die ETH müssen zudem offen legen, welchen Nebenbeschäftigungen ihre ProfessorInnen nachgehen.
Das ist ein grosser Schritt für mehr Transparenz. Nebenbeschäftigungen von Wissenschaftern können zu Interessenkonflikten führen. Transparenz schafft Interessenkonflikte zwar nicht aus der Welt, erlaubt der Öffentlichkeit aber, differenziert zu urteilen. Deshalb verlangen führende wissenschaftliche Fachjournale von ihren AutorInnen schon länger, ihre Interessenbindungen zu deklarieren. In den USA forderte 2010 der Direktor der Wissenschafts-Förderagentur NIH, Francis Collins, ein öffentliches Register der Interessenbindungen von ForscherInnen; er drang damit aber nicht durch. >> zu den Akteneinsichtsgesuchen im Detail >> zur Argumentation der beiden ETH sowie des EDÖB Vermehrt versuchen Hochschulen, Forschungsresultate auf dem Markt zu verkaufen. Und Wirtschaftsunternehmen sponsern Lehrstühle auf ihrem Themengebiet. Diese neue Orientierung der Hochschulen birgt Chancen und Gefahren: Inwieweit gibt es Interessenkonflikte? Wo sind die Grenzen der Beteiligung von Auftraggebern? Wie wird die Unabhängigkeit der Forschung gesichert? Sind Sponsorverträge offenzulegen? Die Folgen der neuen Finanzierungsmodelle sind noch wenig untersucht, die Debatten beginnen erst. Der Agrarkonzern Syngenta bezahlt zehn Millionen für eine neue Professur an der ETH Zürich – und redet auch bei der Berufung mit. Ist der Konzern an unabhängiger Agrarforschung interessiert? Bisherige Erfahrungen lassen Zweifel aufkommen. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 9. Februar 2012 Meienberg spricht vom Lehrstuhl «Nachhaltige Agrarökosysteme», den die ETH Zürich im Rahmen des neu gegründeten Kompetenzzentrums World Food System dieses Jahr besetzen will. Der Schweizer Agrarkonzern Syngenta finanziert den Lehrstuhl für die ersten zehn Jahre mit zehn Millionen Franken.
Präsident Ernst Hafen will die ETH zur «weltbesten naturwissenschaftlich-technischen Universität» machen. Bis jetzt hat er vor allem seine Untergebenen verärgert. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 28. September 2006 Gut fünf Wochen nach Erscheinen dieses Portraits in der WOZ trat Ernst Hafen unter Druck der Professorenschaft als Präsident der ETH Zürich zurück. Dieses Portrait war der einzige kritische Text über Ernst Hafen in der Schweizer Presse bis unmittelbar vor Hafens Rücktritt. Der Text wurde 2007 mit dem Zürcher Journalistenpreis ausgezeichnet. Von einer angekündigten Revolution soll die Rede sein und von ihrem Revolutionär. Sowie von der dereinst «besten naturwissenschaftlich-technischen Hochschule der Welt». Zuerst aber ein bescheidenerer Superlativ: Die bekannteste Angehörige der ETH Zürich war diesen Winter Daniela Meuli. Die Sportstudentin gewann in Turin olympisches Gold. Ernst Hafen, ETH-Präsident seit dem 1. Dezember 2005, nannte in einer Rede anlässlich der ersten hundert Tage im Amt drei Punkte, die ihm gezeigt hätten, dass seine Schule top sei. Der dritte Punkt war Meulis Gold. «Es liegt in der Natur des Menschen, dass er immer vergleicht, und auch die Unis werden verglichen. So problematisch Ranglisten sein können, sie spielen in der Visibilität der Hochschule eine wichtige Rolle. Der Vergleich mit dem Sport liegt da natürlich auf der Hand.» |
AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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