Marcel Hänggi
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Mehr Kunst denn Wissenschaft

7/25/2012

 
Dampfmaschine und Machtstruktur
Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil IV meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.

BildZeichnung der (noch nicht funktionstüchtigen) Dampfmaschine von Thomas Savery nach der Patentschrift von 1698.
«Technik ist der Kunst näher verwandt als der Wissenschaft», hat der amerikanische Ingenieur Cyril Stanley Smith einmal geschrieben. – Dass Technik als Anwendung aus der Wissenschaft hervorgeht, ist eher die Ausnahme als die Regel. Häufiger geht sie der Wissenschaft voraus. Paradebeispiel ist die Dampfmaschine. Thomas Newcomen, der vor genau 300 Jahren die erste funktionstüchtige Dampfmaschine baute, war Schmied: dem Künstler näher als dem Wissenschafter. Andere vor ihm hatten versucht, die Dampfkraft zu nutzen, aber erst Newcomen erreichte die nötige Präzision der Kolben, Ventile und Dichtungen. Wohl profitierte er von der Wissenschaft – aber von deren praktischen Erfahrungen: Naturforscher experimentierten schon länger mit Luftdruck und Vakuum und liessen entsprechende Geräte bauen. Die Theorie der Thermodynamik indes folgte erst anderthalb Jahrhunderte nach der ersten thermodynamischen Maschine.

Die Dampfmaschine war eine der folgenschwersten Erfindungen der Neuzeit. Doch worin lag ihre Bedeutung? Die industrielle Revolution ausgelöst, wie so oft behauptet wird, hat sie nicht; diese setzte zu Beginn vor allem auf Wasser- und menschliche Arbeitskraft. Aber die Dampfmaschine begründete das fossilenergetische Zeitalter mit all seinen Implikationen bis hin zum Klimawandel. Sie hat der Industrialisierung eine Richtung gewiesen; sie prägte das Gesicht unserer heutigen Wachstumsgesellschaft vor.

Die ersten Dampfmaschinen entwässerten als Dampfpumpen Kohlebergwerke. Kohle wurde eingesetzt, um Kohle zu gewinnen; wer mehr Kohle hatte, konnte mehr Kohle «machen»: Das ist das Prinzip der Skalenökonomie, das an die Stelle des bisher vorherrschenden Gesetzes des abnehmenden Grenznutzens (Wachstum wird mit zunehmender Grösse weniger lukrativ) trat. Der Vorteil der Dampfkraft lag nicht im Preis oder der Effizienz, sondern in ihrem Hang zur Grösse.

Pferdekraft war billiger (wenn auch in Grossbritannien, wo die Corn laws das Pferdefutter verteuerten, weniger deutlich als anderswo). Aber während man ohne weiteres eine 60-PS-Dampfmaschine bauen konnte, liessen sich schlecht sechzig Pferde in einen Göpel spannen. Wasserkraft war um Welten effizienter. Aber sie war ortsgebunden, solange man den elektrischen Strom nicht nutzen konnte. Kohle dagegen wurde mit der Eisenbahn ortsunabhängig. Die ersten Eisenbahnen wurden zum Kohletransport gebaut: Kohle transportierte sich selber, die Energieanwendung entkoppelte sich räumlich von der Energiegewinnung, Industrieballungen konnten entstehen. Die menschliche Arbeitskraft wurde von der Dampfkraft keineswegs ersetzt. Die archaischste Form der Energienutzung erreichte ihren grausamen Höhepunkt, als die dampfgetriebenen Fabriken Europas immer mehr Baumwolle aus Sklavenplantagen nachfragten. Und mit dem Gas, das bei der Verkokung von Kohle anfiel, liessen sich Fabriken künstlich beleuchten und die Arbeitskraft rund um die Uhr sich ausbeuten. Kurz: Die Dampfmaschine löste nicht die industrielle Revolution aus, sie war «kein Motor der Geschichte» (Joachim Radkau), aber sie prägte unsere Gesellschaft, ihre Macht-, ihre Raumstrukturen und ihren Rhythmus.

Zurück zum Anfang: Technik sei der Kunst näher als der Wissenschaft – das gilt wohl vor allem für vormodern-wissenschaftsferne Zeiten? Keineswegs. Der eingangs zitierte Cyril Stanley Smith münzte seine Aussage auf die Entwicklung, die für Big Science steht wie keine zweite: Er war Atmobombenkonstrukteur im Manhattan Project.

Marcel Hänggi

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    Autor

    Marcel Hänggi, ​Zürich
    wissenschaftlicher Mitarbeiter Verein Klimaschutz Schweiz (Gletscher-Initiative)
    Journalist | Buchautor
    ​dipl. Gymnasiallehrer


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