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«Fortschritt oder Untergang»

5/30/2012

 
Atomtechnik und Sachzwang
Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil II meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.

BildEs war ein Prestigebau – und er ging nie in Betrieb. Heute dient der Kühlturm des Atomkraftwerks Kalkar als Kletterwand (c) Wikimedia
«Wie die Kettenreaktionen auf der Sonne uns Wärme, Licht und Leben bringen, so schafft die Atomenergie (...) aus Wüste Fruchtland, aus Eis Frühling. Einige hundert Pfund Uranium und Thorium würden ausreichen, (...) Sibirien und Nordkanada, Grönland und die Antarktis zur Riviera zu verwandeln», schrieb der Philosoph Ernst Bloch 1959. Heute ist aus einer kühnen Utopie eine existenzielle und sehr reale Bedrohung geworden – und die Technik, die einst die Polkappen abschmelzen sollte, wird von einigen als unverzichtbar betrachtet, um ebendies zu verhindern.

Die Geschichte der Atomenergie ist voller solch ironischer Wendungen. So befürworteten einst Friedensbewegte wie Naturschützer Atomkraftwerke, weil sie an Präsident Eisenhowers Propaganda der «Atome für den Frieden» glaubten oder in den AKW Alternativen zum Ausbau der Wasserkraft sahen. Die Stromwirtschaft dagegen lehnte die Atomkraft als unrentabel ab. Fürsprecher der Atomkraft waren damals, in den 1950er-Jahren, die Maschinenindustrie, die AKW bauen wollte, aber auch Physiker wie der Schweizer Paul Scherrer, die ihre teure Forschung mit nützlichen Anwendungen legitimieren wollten. Nicht zu vergessen das Militär, gerade in Ländern wie der Schweiz, die keine Atommächte waren, aber gerne geworden wären. Man wollte eigene Reaktoren bauen, um von den USA technisch unabhängig zu sein (und die Amerikaner verkauften ihre Reaktoren zum Spottpreis, um genau das zu verhindern).

Als sich gegen Ende der 1960er der Widerstand formierte, argumentierten manche Atomkraft-Befürworter brachial: «Die atomare Herausforderung. Wir stehen vor der Wahl: Fortschritt oder Untergang» hiess ein Buchtitel 1968. Untergegangen ist zwar niemand, weil er keine Atomkraftwerke baute. Und doch sollte sich das Diktum von der Unvermeidlichkeit des «Fortschritts» in anderer Weise erfüllen.

Noch 1956 sprach sich der deutsche Atomminister Franz-Josef Strauss gegen ein Bundes-Atomforschungszentrum aus, denn dessen Errichtung könnte «nicht nur Millionen verschlingen, sondern auch Jahre dauern.» Nur neun Jahre später sah sich die Bundesregierung  «durch die Entwicklung der Kerntechnik gezwungen», ein Programm zu unterstützen, dessen Direktor Wolf Häfele martialisch verkündete, die Nutzung der Atomenergie gehöre «zum Sichbehaupten eines Volkes auch dann, wenn der Preis phantastisch sein wird.» Warnungen vor Risiken, die einst die Atomtechniker offen angesprochen hatten, fanden sich jetzt nur noch in den Schriften marginalisierter Atomgegner.

«In der Ära der vollendeten Fakten», schreibt der deutsche Historiker Joachim Radkau, «war es soweit, dass sich die Kerntechnik ihre Interessensbasis gleichsam selber geschaffen hatte.» Ist man einen Weg einmal weit genug gegangen, wird es immer schwieriger umzukehren, ohne das Gesicht zu verlieren. Das zeigt sich heute wieder am europäischen Kernfusions-Versuchsreaktor Iter, dessen Kosten aus dem Ruder laufen, während völlig offen ist, ob die Fusion je nutzbar wird. Aber aufgeben? Das wäre ein «Offenbarungseid, dass Europa zu gar keinen grossen Projekten mehr fähig ist», sagte der Vorsitzende des Energieausschusses des EU-Parlaments, Herbert Reul, im Jahr 2010. Nimmt man die Rede von der Unvermeidlichkeit einer Entwicklung ernst, wird sie zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

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    Autor

    Marcel Hänggi
    M.A. | Journalist | Buchautor 
    Zürich


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