Marcel Hänggi
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Steinzeit forever

3/4/2013

 
Technischer Fortschritt ist kein Selbstläufer
Technischer Wandel ist kein linearer Vorgang. Ob sich eine neue Technik als Fortschritt herausstellt, hängt meist mehr von gesellschaftlichen als von technischen Faktoren ab. Das zeigt die NZZ-Serie «Alles neu?» anhand von historischen Beispielen auf. Teil XII meiner monatlichen Technikkolumne in der NZZ.

Bild(c) Getty Images
«Die Steinzeit ging nicht zu Ende, weil die Steine ausgingen», sagte der frühere saudische Erdölminister und starke Mann der Opec, Scheich Ahmed Zaki Yamani, einmal, «und das Erdölzeitalter wird nicht zu Ende gehen, weil das Erdöl aufgebraucht ist.» Der Spruch ist gut und wird dementsprechend gerne zitiert. Er enthält das Credo des Techno-Optimismus: Der Fortschritt kommt unweigerlich, und er kommt rechtzeitig.

Aber so eingängig der Spruch ist; wenn Zaki Yamani suggeriert, dass auch das Erdöl wie weiland die Steine durch etwas Neues mit besseren Eigenschaften abgelöst wird, liegt er dreifach falsch: Erstens gab es in der Steinzeit keine Steinlobby – und keine Regierungen, die sich von einer solchen hätten korrumpieren lassen können. Zweitens wurden Steine als Werkzeugmaterial durch das technisch überlegene Metall abgelöst. Es ist aber kein Energieträger denkbar, der dem Erdöl technisch überlegen wäre. Drittens und vor allem: Die Menschheit hat – bei weitem! – noch nie so viele Steine verbraucht wie heute.

Zaki Yamanis Spruch steht für Fehlwahrnehmungen bezüglich technischen «Fortschritts», die weit verbreitet sind und das Reden über Technik erschweren. Er eignet sich deshalb dazu, unsere kleine Technikglosse mit drei resümierenden Betrachtungen abzuschliessen.

Erstens: Es setzt sich nicht immer die jeweils beste Technik durch. Mit Techniken sind Interessen verbunden. Wenn die Lobby der «schlechteren» Technik stark genug ist – und es gab wohl nie eine mächtigere Lobby als die Erdöllobby –, kann sich diese eben durchsetzen und halten.

Zweitens: Techniken, die in Gebrauch sind, bringen den Massstab, nach dem sie als besonders gut gelten, zu einem gewissen Grade selber hervor. Mit der Kohle und noch mehr mit dem Erdöl hat sich eine Gesellschaft entwickelt, die extrem viel Energie verbraucht und die diese Energie aus zentralisierten Strukturen bezieht. In der Logik dieser Gesellschaft kann es nichts geben, was «besser» wäre als Erdöl: Diese Gesellschaft braucht hochkonzentrierte, leicht transportierbare und billige Energieträger. Das Erdöl hat eine Pfadabhängigkeit geschaffen – ähnlich der «QWERTY»-Schreibmaschinentastatur: Mag man die Anordnung der Tasten auf der Tastatur auch falsch finden, sie ist praktisch nicht mehr überwindbar. Die gute Nachricht ist, dass Pfadabhängigkeiten mitunter unverhofft überwunden werden: Mit dem SMS-Schreiben hat sich sehr plötzlich ein anderes Tastensystem etabliert, auf dem manche Menschen virtuoser schreiben als auf der alten Schreibmaschinentastatur!

Drittens schliesslich ist es selten so, dass das Neue, unter den gegebenen Umständen Bessere das Alte, Schlechtere verdrängt. Vielmehr lebt das Alte neben dem Neuen fort: Wir verbrauchen heute mehr Steine als in der Steinzeit, mehr Kohle als im Kohlezeitalter der Frühindustrialisierung und mehr Brennholz denn je. Die Dampfmaschine hat die Sklavenarbeit nicht verdrängt, in der Neuzeit wurde viel mehr von Hand geschrieben als vor der Erfindung des Buchdrucks, und die Zahl der Transportpferde stieg mit der Blüte der Eisenbahn rasant an.

Nichts von dem Gesagten bedeutet, dass technische Neuerungen nicht zum allgemeinen Wohle der Menschheit beitragen könnten. Aber auf den Fortschritt als Selbstläufer dürfen wir nicht zählen.



Marcel Hänggi

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    Autor

    Marcel Hänggi
    ​

    Journalist und Buchautor
    dipl. Gymnasiallehrer​
    Dr. phil. h.c.
    ​
    Zürich


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