Eigentlich müsste «nachhaltige Wirtschaft» ein Pleonasmus sein. Ist es aber nicht. Ein Grund sind Verständnisprobleme zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen. – Horizonte / Horizons Nr. 114, September 2017 Die Wirtschaft soll den Menschen ein gutes Leben ermöglichen: Dieser Aussage würden wohl die meisten Wissenschaftler und Politiker zustimmen. Und wenn man mit «den Menschen» auch künftige Generationen meint, so sollte «nachhaltige Wirtschaft» eigentlich ein Pleonasmus sein: Eine nicht nachhaltige Wirtschaft verfehlt ihren Zweck. Schliesslich bedeutet «Ökonomie» im ursprünglichen Sinn die Lehre der guten Haushaltsführung.
Die Wissenschaftshistorikerin Naomi Oreskes hat die Netzwerke der KlimawandelleugnerInnen aufgedeckt. Dass diese jetzt im neuen US-Kabinett sitzen, bedeutet für sie vor allem eines: WissenschaftlerInnen müssen sich endlich öffentlich engagieren. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 19. Januar 2017. ![]() WOZ: Naomi Oreskes, Sie sind auf dem Weg ans World Economic Forum in Davos. Was tun Sie da? Naomi Oreskes: Ich spreche natürlich über den Klimawandel! Der private Sektor allein kann das Problem des Klimawandels nicht lösen, aber er kann und muss Verantwortung übernehmen. Gerade in der Ära Trump ist die Rolle der Wirtschaft besonders wichtig. Interessieren sich die WEF-TeilnehmerInnen für den Klimawandel?
«Innovative», «promising», «excellent», «groundbreaking» – was geschieht, wenn sich die Forschung immer stärker an der Privatwirtschaft orientiert, spiegelt sich in einem Sprachgebrauch, der zum PR-Jargon verkommt. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 14. Januar 2016 ![]() Man sollte nicht ernst nehmen, wer sagt, er «glaube, dereinst alle Probleme der Welt lösen zu können». Den zitierten Satz hat aber Eric Schmidt im Jahr 2012 geäussert, und Schmidt wird nicht nur ernst genommen: Das Unternehmen, dem Schmidt vorsteht – es heißt Google –, gilt Wirtschafts- wie WissenschaftspolitikerInnen rund um den Erdball als Paradebeispiel eines guten Unternehmens; das Biotop, in dem Machbarkeitsphantasien wie diejenige Schmidts gedeihen – das Silicon Valley –, als nachahmenswerte Erfolgsgeschichte. ![]() Die Ziele des Klimaabkommens von Paris sind gut, findet Kevin Anderson vom Tyndall Center for Climate Change Research. Aber kaum jemand sei sich wirklich bewusst, wie schwierig es schon ist, die Ziele zu erreichen – und eine verharmlosende Wissenschaft trage ihren Teil zum Schlamassel bei. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 17. Dezember 2015 ![]() Es war im Spätsommer während meiner Recherchen zum Bericht des Weltklimarats IPCC, als ich zwei-, dreimal mit Kevin Anderson mailte. Ich wollte ihn interviewen, doch kam das Interview schliesslich nicht zustande – er war sehr beschäftigt und ich hatte schliesslich auch so genug Material. Dabei hatte er mich neugierig gemacht. Angesprochen auf das IPCC – dem er nicht angehört –, schrieb er mir, er sei ein grosser Fan dieses Gremiums. Um gleich zu relativieren: Das gelte vor allem für dessen naturwissenschaftlichen Aussagen und viel weniger für den Rest. Kevin Anderson ist Professor für Energie und Klimawandel an der Universität Manchester und Vizedirektor des Tyndall Center for Climate Change Research. Er ist nicht nur einer der renommiertesten Klimaforscher; er ist auch einer, der sich deutlicher als andere öffentlich äussert. Am zweitletzten Tag der UN-Klimakonferenz in Paris geben er und vier Kollegen in einem berstend gefüllten Saal des Konferenzgeländes eine Pressekonferenz. Die fünf sind sich einig: Es ist gut, anerkennt die Politik die Notwendigkeit, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad über vorindustriellem Niveau zu begrenzen (das sind 0,5 Grad über dem heutigen Niveau), doch der Vertrag bleibt weit dahinter zurück, dies zu gewährleisten.
Ich treffe Kevin Anderson am Tag vor der Pressekonferenz zu einem Kaffee. ![]() Im Dezember wollen die Uno-Mitglieder in Paris einmal mehr versuchen, die Klimakatastrophe abzuwenden. Eine wichtige Diskussionsgrundlage bietet ihnen dabei der Bericht des Weltklimarats IPCC. Dieser sagt: Das Ziel ist erreichbar – aber nur unter unrealistischen Annahmen. Doch was taugt die Arbeit des hochgleobten Gremiums, wenn es um Lösungen geht? – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 8. Oktober 2015 und «Telepolis» vom 28. November 2015. ![]() Wenn sich die Uno-Mitglieder im Dezember in Paris treffen, haben sie eine klare Zielvorgabe: Sie sollen ein Abkommen auf den Weg bringen, das geeignet ist, die globale Erwärmung gegenüber vorindustriellem Niveau auf 2 oder allenfalls 1,5 Grad zu begrenzen. Ist das überhaupt noch zu erreichen? Manche meinen nein. Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur, hat die 2-Grad-Grenze als ein «nettes Utopia» bezeichnet (das so nett notabene nicht wäre – schon bei 2 Grad Erwärmung wären viele Folgen verheerend). Nebenbeschäftigungen von HochschulprofessorInnen: Die Eidg. Finanzdelegation will mehr Transparenz. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 10. Juli 2014 Es bewegt sich etwas in der Schweizer Hochschulpolitik. Lange war es einfach nur erwünscht, dass sich die Hochschulen stärker um Kontakte mit der Privatwirtschaft bemühen: Das entlastet den Staatssäckel und bringt wertvolle Kontakte. Dass auch Risiken damit verbunden sind, hat die Politik lange Zeit ausgeblendet.
Nebenbeschäftigungen von ETH-ProfessorInnen – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 26. Juni 2014 Als die WOZ erfolgreich die Herausgabe von Verträgen der beiden ETHs mit Lehrstuhlstiftern verlangte (siehe WOZ Nr. 19/2014), wollte sie noch mehr wissen: Das Akteneinsichtsgesuch umfasste auch Listen von Nebenbeschäftigungen, die die ProfessorInnen beider ETHs gegenüber ihrer Schulleitung deklariert haben. Nun liegen die Listen vor.
Rezension von Partizipation in der Wissenschaft – Eine neue Studie belegt, wie eng verflochten Politik und Konzerninteressen in Deutschland sind – auch im Forschungs- und Bildungsbereich. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 26. Juni 2014
Andreas Hirstein, Wissenschaftsredaktor der NZZ am Sonntag, plädierte im Bulletin des Schweizerischen Klubs für Wissenschaftsjournalismus vom April gegen kritischen Wissenschaftsjournalismus. Hirsteins Editorial ist eine Bankrotterklärung: eine Replik. – Bulletin des Schweizerischen Klubs für Wissenschaftsjournalismus Nr. 2 (Juni) 2014. «Wenn Journalisten die Qualität einer Forschungsarbeit kritisieren, wird es sehr schnell peinlich», schrieb Kollege Andreas Hirstein im letzten Bulletin. «Relevant ist diese Kritik für den Wissenschaftsbetrieb nicht, wahnsinnig originell auch nicht und der Realität in den Labors wird sie nicht gerecht. Dafür ist sie billig und ziemlich klugscheisserisch und sie trifft fast nie den Kern.»
Es ist leicht, Beispiele zu finden, die Andreas Recht geben – ich denke an die Legion der Klimawandel-Zweifler. Und für Ausfälle à la «Weltwoche» («Vor diesen Professoren wird gewarnt» im Herbst 2012 oder jüngst: «Propaganda Academica») würde ich gröbere Wörter brauchen als «klugscheisserisch» – hier übt sich die «Weltwoche» in dem, was unser amerikanischer Kollege Chris Mooney für sein Land «The Republican War on Science» (Cambridge MA: Basic Books, 2005) nennt. Aber setze ich mich zwangsläufig mit Wissenschaftsfeinden ins selbe Boot, wenn ich Wissenschaft kritisch begleite und ihre Qualität bewerte? Was haben Schweizer Hochschulen zu verbergen? «Transparenz» ist ein Zauberwort im modernen Hochschulbetrieb. Aber wie halten es Schweizer Universitäten, wenn man wissen will, was sie nicht sagen wollen? Wenn man es genau wissen will, entpuppt sich das Zauberwort als leeres Bekenntnis. Seit den 1990er Jahren befindet sich die Hochschullandschaft im Umbruch. Die universitären Hochschulen sind «autonom» geworden und sollen mehr Gelder aus privaten Quellen einwerben: So will es die Politik.
Mit einer teilweise privaten Wissenschaftsfinanzierung – wie mit dem Umstand, dass Wissenschafterinnen und Wissenschafter vermehrt für Privatunternehmen tätig sind oder gleich selber Unternehmen gründen – sind Chancen verbunden, aber es besteht auch das Risiko von Interessenkonflikten. Transparenz könnte das Risiko reduzieren: Deshalb verlangen zahlreiche Wissenschaftsjournale von ihren Autorinnen und Autoren, allfällige Interessenbindungen offenzulegen (ob sie es tun, steht auf einem anderen Blatt). Mein Artikel über die Beziehungen der ETH Lausanne (EPFL) zu Nestlé und die Publikation des Geheimvertrags in der WOZ vom 16. Mai 2014 hat teils heftige Reaktionen ausgelöst. Eine kleine Presseschau.
Wenn man vier öffentliche Stellen um Informationen angeht und drei mal angelogen wird, läuft etwas falsch. Dass es sich bei den Stellen um Universitäten handelt, ist besonders stoßend. Vortrag von investigativ.ch-Geschäftsführer Marcel Hänggi am Seminar «Follow the Money!» des Schweizer Klubs für Wissenschaftsjournalismus (SKWJ) am 21. Mai 2014 in Bern* Wissenschafter/innen versuchen, wahre Aussagen über die Welt zu machen. Sie sind dabei der Wahrheit und nichts als der Wahrheit verpflichtet. In unserem heutigen Seminar «Follow the Money» geht es darum, inwieweit dieses Ideal dadurch gestört wird, dass neben der Wahrheitssuche eben auch andere Faktoren – etwa: Geld – wissenschaftliches Handeln leiten.
HOCHSCHUL-SPONSORING – Wie weit dürfen private Geldgeber bei der Berufung von ProfessorInnen mitreden? Die WOZ hat eine Umfrage bei den Schweizer Universitäten gemacht. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 15. Mai 2014 Die ETH Lausanne (EPFL) hat dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé ein Vetorecht bei der Berufung zweier ihrer Professoren eingeräumt. Diese Enthüllung der WOZ von letzter Woche wird am 16. Mai für Diskussionen in der nationalrätlichen Wissenschaftskommission (WBK) sorgen (siehe WOZ Nr. 19/2014). Schon länger hat die WBK für ihre Sitzung das Thema der Privatmittel an den Universitäten sowie der Transparenz über diese Mittel traktandiert und VertreterInnen aller Unis und der beiden ETHs zu einem Hearing geladen. WBK-Präsident Matthias Aebischer (SP, Bern) hatte gegenüber der WOZ gesagt, es werde Regeln brauchen, «sollten es die Universitäten und die beiden ETHs übertreiben». Gegenüber Radio SRF wurde er etwas deutlicher: Ein Vetorecht für private Geldgeber bei Berufungen liege nicht drin. EPFL-Präsident Patrick Aebischer sieht darin hingegen kein Problem. Dass ein Geldgeber mitbestimme, sei doch selbstverständlich, und «alle Welt macht das so», sagte er in einem Fernsehinterview mit Radio Télévision Suisse (RTS). Tut sie das wirklich?
Ende 2006 hatte die EPFL bestritten, Nestlé inhaltliche Mitspracherechte einzuräumen. (Bild: Monatge WOZ)
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AutorMarcel Hänggi
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