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Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Am Klimagipfel in Kopenhagen gehen die meisten davon aus, dass Klimaschutz nicht schmerzen muss: Die Wirtschaft könne weiter wachsen, nur etwas grüner. Anders sieht das Klimaexperte Marcel Hänggi. «Tagesgespräch» auf Radio DRS1: Marcel Hänggi zu Gast bei Susanne Brunner
online hören Interview mit Theologieprofessor Reiner Anselm im «Magazin» vom 5. Dezember 2009 Vor einiger Zeit wartete ich auf die Geburt meiner zweiten Tochter. Ein neues Leben war am entstehen; ein Leben, das, wenn das Kind so lange lebt wie sein Urgroßvater, ins 22. Jahrhundert reichen wird. Gleichzeitig arbeitete ich an einem Buch über den Klimawandel. Ich las Bücher wie «Klimakriege» des Kulturwissenschaftlers Harald Welzer, der in düsteren Farben eine Epoche des Kampfs um Umweltressourcen zeichnet. Las Berichte wie jenen des Uno-Umweltprogramms, der besagt, im Jahr 2025 könnten zwei Drittel aller Menschen unter Wassermangel leiden. Las den Expertenbericht des Weltagrarrats, laut dem es bis 2050 nur dann genug Nahrungsmittel für die ganze Menschheit gibt, wenn sich die Ausrichtung der Landwirtschaft radikal ändert – aber eine solche Änderung ist nicht in Sicht. 2050: Das tönte vor kurzem noch nach ferner Zukunft, nun rechne ich: Dann wird meine Tochter etwa so alt sein wie ich jetzt. Wenn mir deshalb gelegentlich wenig zukunftsfroh zumute war, stellte ich fest, dass geistliche Musik mich aufheiterte. Etwa Kantaten von Johann Sebastian Bach, mit Texten wie: «Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab, / Da wischt mir die Tränen mein Heiland selbst ab.» Dabei bin ich ein areligiöser Mensch. Haben Religionen Antworten auf die Bedrohung des Klimawandels? Könnten sie etwas zur Lösung der Klimakrise beitragen? Reiner Anselm, Theologieprofessor in Göttingen und Leiter des Zentrums für Religion, Wirtschaft und Politik an der Universität Zürich, ist pessimistisch. Rezension von Kathrin Hartmann: Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt. Karl Blessing, München 2009, sowie Franz Alt / Peter Spiegel: Gute Geschäfte. Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise. Aufbau, Berlin 2009. – «Die Zeit» vom 17. September 2009 Nehmen wir mal an, die Menschheit kriegt die Kurve nicht. Die Pole schmelzen, der Meeresspiegel steigt. Die Erträge der Landwirtschaft brechen ein, Hungersnöte und Ressourcenkriege prägen die Welt. Was sehen die Historiker der Überlebenden, wenn sie auf unsere Zeit zurück blicken? Sie sehen eine Gesellschaft, die sich der Gefahr bewusst ist, die aber – statt den Kurs zu wechseln – »eine Million Bäume« pflanzt und das als Erfolg feiert, während die Tropenwälder schwinden. Sie sehen, wie Automobilkonzerne für jedes verkaufte Auto, jeden neuen Sargnagel des Klimas, einen Baum spendieren. Und sie sehen Menschen, die solche Konzerne zu Botschaftern ihrer Umweltsorgen machen.
Am 14. September 1909 meldeten Fritz Haber und Carl Bosch beim deutschen Reichspatentamt ein Verfahren an, mit dem sich in industriellem Massstab der Gestank ungepflegter Pissoirs reproduzieren liess. Es sollte sich als eine der folgenreichsten Erfindungen der Menschheit herausstellen. Fritz Haber war es gelungen, Ammoniak (NH3) künstlich herzustellen – ein ätzendes, giftiges und stark übel riechendes Gas, das in der Natur beim Abbau von Harnstoff entsteht. Zusammen mit Carl Bosch entwickelte er die Ammoniaksynthese zu einem Industrieverfahren weiter, ohne das der erste Weltkrieg anders verlaufen und die Bevölkerung im 20. Jahrhundert nicht in dem bekannten Ausmaß explodiert wäre. Die Welt im frühen 21. Jahrhundert sähe der Welt des frühen 20. Jahrhunderts sehr viel ähnlicher, gäbe es kein synthetisches Ammoniak.
Hans-Werner Sinn, der «Papst des Neoliberalismus», kritisiert die Klimapolitik - und trifft den Nagel auf den Kopf. Man sollte ihn ohne falsche Ängste lesen. – Rezension von «Das grüne Paradoxon» in der «WOZ Die Wochenzeitung» vom 5. März 2009 Ende dieses Jahres soll in Kopenhagen das neue Abkommen gegen den Klimawandel verabschiedet werden. Dass das erste solche Abkommen, das Kioto-Protokoll, es nicht schaffen wird, die Emissionen zu senken, ist jetzt schon klar. Das liegt sicher nicht daran, dass nichts geschähe. Es geschieht das Falsche: Statt den Klimawandel zu stoppen, scheinen viele Massnahmen lediglich dazu geeignet, aus der vorgeblichen Bekämpfung des Klimawandels Profit zu schlagen. Die Industrie plant den Verschleiss ihrer Produkte. Von wechselnden Moden über eingebaute Sollbruchstelle bis zum Versprechen der «grünen Technologie» hat diese Strategie viele Gesichter. – «Der kleine Bund» vom 24. Januar 2009 (> zum Artikel als PDF)
Vor gut hundert Jahren, im September 1908, verliess das erste Modell T von Ford die Fabrik. 15 Millionen Stück des legendären Autos wurden bis 1927 hergestellt. Das Erfolgsrezept war einfach: Das Modell T war billig und gut. Doch damit war auch die Grenze des Erfolgs abgesteckt: Irgendwann würden alle eines haben, und so schnell brauchten sie kein neues – denn das Auto war unverwüstlich. Den einen ist Dennis Meadows ein Idol, den anderen die personifizierte Schwarzseherei. Ein Gespräch über teures Öl, platzende Blasen, die Lernfähigkeit der Menschen und das Kinderkriegen in schwierigen Zeiten. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 6. November 2008
Wer die wichtigste Menschheitsfrage beantworten will, braucht einen breiten Wissenschaftsbegriff. Nicht alle finden das gut. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 24. April 2008 Manchmal verbergen sich Geschichten hinter einem einzelnen Buchstaben. Das Gremium aus über vierhundert WissenschaftlerInnen, das am 15. April seinen bahnbrechenden Bericht zur Weltlandwirtschaft präsentiert hat - bahnbrechend, falls er ernst genommen wird - , ist zuständig für die «Internationale Bewertung von landwirtschaftlichem Wissen, Wissenschaft und Technik für die Entwicklung», englisch International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development. Das Akronym dazu, das auch für das Gremium steht, heisst IAASTD - ohne «K» für «Knowledge». Die Geschichte dieses «K» spiegelt, was den Bericht so aussergewöhnlich macht - und wofür er gescholten wird.
Die Preise für landwirtschaftliche Produkte explodieren. Doch die Ursachen des Problems liegen weder am knapper werdenden Land noch in den veränderten Essgewohnheiten der Weltbevölkerung, sagt Marcel Mazoyer. Das Problem liegt an der Marktwirtschaft an sich. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 3. April 2008 Die niederländische Bank ABM Amro warb vor einiger Zeit in ganzseitigen Zeitungsinseraten für ihre «strukturierten Finanzprodukte» im Agrarsektor: «Verschiedene Gründe sprechen für eine Investition: weltweit stagnierende Getreideanbauflächen, eine deutlich gewachsene Weltbevölkerung, veränderte Essgewohnheiten in den aufstrebenden Schwellenländern sowie die stetig steigende Nachfrage nach Biotreibstoffen.» Das sind sichere Voraussetzungen für nachhaltig steigende Preise und satte Gewinne, und es sind sichere Voraussetzungen für kommende Hungersnöte. Das Inserat ist also eine Aufforderung, mit dem Hunger zu spekulieren. Dass Treibstoffe aus Biomasse Unsinn sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Nun taucht eine Pflanze auf, die nur Vorteile haben soll: Jatropha. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 21. Februar 2008 Jung und selbstbewusst lacht Elsa Pellet vom ganzseitigen Foto. Das «Pro Natura Magazin» hat die Studentin der ETH Lausanne porträtiert als eine, die sich gegen den Klimawandel engagiert: Sie hat ein Büchlein über die Ölfruchtpflanze Jatropha curcas geschrieben, die «beste der Energiepflanzen».* In einer Art Vorspann zum Büchlein tritt ein Skeptiker auf: «Na, übertreib mal nicht, wir kennen all die Mediencoups, mit denen wieder ein neues Wundermittel versprochen wird ...» Worauf die Autorin antwortet: «Und doch ist es wahr.» Interview mit Rolf Peter Sieferle, Professor für Geschichte an der Universität St. Gallen. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 22. November 2007 Vorbemerkung: Rolf Peter Sieferle, der 2016 starb, hat sich in seinen jüngsten öffentlichen Aussagen und Publikationen wie «Finis Germania» (postum 2017; laut «Tages-Anzeiger» eine «besonders perfide antisemitische Schrift») als rechtsradikaler Autor geoutet. Ich wusste, als ich Sieferle 2007 interviewte, nichts von seiner Gesinnung, und ich merkte auch nichts davon bei der Lektüre seiner umwelthistorischen Schriften oder beim Interview. Entwerten spätere unsägliche Äusserungen eines Autors das, was er früher sagte? Auf jeden Fall ist Sieferle ein Beispiel für den Umstand, der mich erschreckt, dass ein ökologisches Denken, das ich für richtig und wichtig halte, zu kulturpessimistischen bis menschenverachtenden Ansichten führen kann. Von seinem Schreibtisch der Universität St. Gallen aus sieht Rolf Peter Sieferle einen Bauernhof mit Futtersilo. Um so bodenständige Dinge wie Futter – allgemeiner: um Energie- und Materialflüsse – dreht sich die Arbeit des Historikers. Sieferle gehört zu den Begründern des Konzepts des «gesellschaftlichen Stoffwechsels». Grob lassen sich gemäss diesem Konzept in der Geschichte drei grosse Energiesysteme ausmachen: Jäger- und Sammlergesellschaften schöpften Energie aus den solaren Energieflüssen, indem sie der Natur essbare Pflanzen, Fleisch und Brennholz entnahmen. Die Agrargesellschaften griffen gezielt in diese Energieflüsse ein, bauten Pflanzen an, züchteten Tiere, stauten Flüsse. Als es im 18. Jahrhundert erstmals gelang, Steinkohle im grösseren Stil abzubauen, und die Dampfmaschine erfunden wurde, begann das fossile Energieregime. Heute deuten die hohen Ölpreise darauf hin, dass dieses Zeitalter bald vorbei sein könnte; der Klimawandel zeigt, dass es vorbei sein müsste. Doch wie könnte eine postfossile Gesellschaft aussehen?
ÖKOLOGISCHE ÖKONOMIE – Es gibt eine Wirtschaftswissenschaft jenseits von Kosten-Nutzen-Analysen und Wachstumsglaube. Sie hat mehr Fragen als Antworten. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 28. Juni 2007 Leipzig im Juni ist voll von Lindenblütenduft, das Wetter ist prächtig, und das Bach-Festival bietet Erstklassiges. Im Hörsaal des Umweltforschungszentrums fordert eine Referentin: «Wir brauchen eine Kultur der Faulheit.» Die ZuhörerInnen applaudieren, aber statt sich unverzüglich in einem Leipziger Park faul ins Gras zu legen, schwärmen sie zu den nächsten Vorträgen.
Der Handel mit CO2-Emissionsrechten gilt vielen als Königsweg zur Emissionsreduktion. Wie funktionert der Handel? Was bringt er? Was sind seine Nachteile? Eine dreiteilige Serie in der «WOZ Die Wochenzeitung». Teil I: Gerecht geht nicht (WOZ vom 29. März 2007) Wer Emissionsbegrenzungen mit einem Markt verbindet, ermöglicht effizienteren Klimaschutz. Sagt die Theorie. Die ersten Erfahrungen lassen zweifeln. Link zum Artikel Teil II: «Klimaschutz kann Ihr Klima gefährden» (WOZ vom 5. April 2007) Klimaschädigende Emissionen können kompensiert werden. Wirklich? Was genau kaufen wir eigentlich, wenn wir «Kompensationen» kaufen? Link zum Artikel Teil III: Der Preis der Verschmutzung (WOZ vom 12. April 2007)
Emissionshandel erscheint heute als zwingend in der Klimadiplomatie. Dabei ist er einer ganz bestimmten Ideologie verpflichtet. Man könnte auch anders. Link zum Artikel |
AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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