Die Reaktionen auf die Ankündigung des Astra bewegen sich innerhalb des Üblichen: Der VCS – deren Präsidentin Franziska Teuscher mit einem Postulat die Schaffung von Umweltzonen angeregt hat – applaudiert und erwartet eine «beträchtliche Verbesserung der Lebensqualität», der TCS murrt, und in den Internetforen stellen diejenigen AutomobilistInnen die Mehrheit, die dem Mythos vom Auto als Milchkuh huldigen und sich von Umweltzonen einmal mehr schikaniert sehen. Nur schon wegen dieses Gebells möchte man Umweltzonen gern für eine gute Sache halten.
Aber ist die Sache so klar? Erfahrungen in vielen europäischen Ländern zeigen, dass die Luftqualität in den Umweltzonen sich tatsächlich verbessert. Wie weit das auch für die Schweiz gilt, deren reiche BewohnerInnen ihre Autos sowieso wechseln wie Unterhosen, ist indes fraglich. Hier liegt die grösste Krux der Umweltzonen: Sie stellen einen Anreiz dar, neue Autos zu kaufen. Ein Autokauf ist aber eine Umweltsünde, auch wenn das neue Auto «sauberer» ist – rund die Hälfte der Umweltschäden, die ein Auto verursacht, entfallen nämlich auf seine Herstellung und nicht auf das Herumfahren, und die alte Dreckschleuder fährt dann woanders auf der Welt als Gebrauchtwagen weiter. Umweltzonen sind lokaler Umweltschutz auf Kosten der globalen Umweltbilanz.
«Die Kantone können Verkehrsanordnungen insoweit erlassen, als u. a. der Schutz der Bewohner oder gleichermassen Betroffener vor Lärm und Luftverschmutzung dies erfordern», schrieb der Bundesrat in seiner Antwort auf das Postulat Teuscher. Nun, das können sie eben nicht. Der zweite Kanton neben Genf, der gerne Umweltzonen einrichten würde, der Kanton Tessin, wollte zwischen Chiasso und Bissone Tempo 100 auf der Autobahn einführen. Das war kein Versuch, Luftschadstoffgrenzwerte einzuhalten: Davon ist das Tessin wie jeder Kanton weit entfernt. Aber es war immerhin der Versuch, ein Schrittchen in diese Richtung zu gehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Versuch Ende Mai gestoppt: Es sei nicht erwiesen, dass Temporeduktionen als Mittel gegen zu hohe Schadstoffwerte verhältnismässig seien. Damit erklärte das Gericht die Grenzwerte der LRV faktisch für nichtig – denn ein «verhältnismässigeres» Mittel, sie umzusetzen, als Temporeduktionen gibt es nicht.
So bleibt eben die Hoffnung auf Flickschustereien wie Umweltzonen, womit man zwar anerkennt, dass Geräte, die krebserregende Abgase in die Luft pusten, in Innenstädten nichts zu suchen haben – aber, statt daraus die Konsequenz zu ziehen, den Schein wahrt, der Autoverkehr lasse sich menschenfreundlich gestalten, wenn die Autos nur die richtigen Vignetten mit Bäumli und Sünneli tragen. Damit steigert man letztlich die Akzeptanz des Autos.
Marcel Hänggi