Das ist wohl ein Risiko, diese Sehnsucht, die einfach nur rückwärtsgewandt sein kann; die Sehnsucht nach der früheren, scheinbar heilen Welt; eine Sehnsucht, mit der erfolgreich gerade die Rechtspopulisten und Minarettverbieterinnen arbeiten. Und doch sind dieser Zimmermann und dieses Heimatgefühl beim Betrachten fremder und doch vertrauter europäischer Landschaften Ausdruck einer Lebensweise, die dem nahe liegt, was es wohl anzustreben gilt: Die Freiheit der Genügsamkeit, mit einem kleinen Bündel zu reisen beispielsweise.
Statt dessen ist mein Gepäch voller schwerer Elektronik: Laptop, Mobiltelefon, Digitalkamera, Aufnahmegerät, Ladegeräte, Kabel... und ich bin, hier im Zug, abgeschnitten vom News-Stream. Alle beteiligen sich und hängen sich rein, Verhandler, AktivistInnen, JournalistInnen, es geht nicht anders, man findet sich nicht anders in dieser Masse von Menschen. Und doch ist das auch - mag das auch weit hergeholt scheinen - Ausdruck dieser Lebenswelt, die in die ökologische (nicht nur in die ökologische) Katastrophe führt: dieses Immer-Mehr, dieses Gehetzte. Bettina Dyttrich schreibt es in der aktuellen WOZ so: «Es hat keinen Sinn, auf internationale Verhandlungen zu hoffen, solannge dort das Entscheidende nicht infrage gestellt wird: eine Wirtschaftsform, die ihre eigenen Grundlagen zerstört, indem sie zum Wachstum gezwungen ist.»
Bin ich jetzt zu weit abgeschweift, kann man da noch folgen? Okay, ich stürze mich demnächst ins Gewühl. Ab dann geht’s weiter mit harten Facts aus Verhandlungen und allem rundherum!
PS: Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» schreibt, die EU verhalte sich an den Verhandlungen «verhuscht, als wäre sie eine Art größere Schweiz mit etwas mehr Minaretten». Das tönt lustig, auch wenn ich nicht genau weiß, was der Schreibende hier genau sagen will. Es zeigt aber klar: Die Schweiz nimmt definitiv niemand mehr ernst. In der Klimapolitik hat die Schweiz mit ihrer kleinmütigen Zielvorgabe, sich zu verhalten, als wäre sie ein durchschnittlich reiches EU-Land, eh schon darauf verzichtet, eine aktive Rolle zu spielen.
PS: In meinem Gepäck finde ich ein Gedicht von Alberto Caeiro alias Fernando Pessoa, das mir ein lieber Mensch da reingeschmuggelt hat und das gut passt:
Não tenho pressa:
não a têm o sol e a luna
Ninguém anda mais depressa
do que as pernas que tem.
Se onde quero estar
é longe, não estou
là num momento.