Marcel Hänggi
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Reise nach CPH. Nostalgia

12/13/2009

 
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen
Mittag. Im Zug kurz vor Kopenhagen. Vieles hat sich getan die letzte zwei Tage seit meinem letzten Blog-Eintrag: Seit Freitag liegt ein neuer Entwurf für ein Abkommen auf dem Verhandlungstisch, der bei BeobachterInnen vorsichtigen Optimismus auslöst - er zielt in die richtige Richtung, wenn er auch zu wenig weit in diese Richtung zeilt und viele der strittigsten Punkte noch offen lässt. Es gab schon mehrere Eklats, etwa um einen Vorstoß des Inselstaats Tuvalu, für den der Klimawandel eine Frage von Sein oder Nicht-Sein ist - Tuvalu wird mit seinem Anliegen, als Ziel der Klimapolitik eine maximale Erwärmung von 1,5 statt 2 Grad anzustreben, nach eigenen Angaben von 130 Ländern unterstützt, wobei die führenden Staaten der Verhandlungsgruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer, G77 - namentlich Indien und China -, Tuvalu nicht folgen wollen.
Der Chefdiplomat der G77, der Sudanese Di-Aping verlässt aus Protest eine Sitzung. Der chinesische Vize-Außenminister He Jafei wirft dem US-Chefunterhändler Todd Stern vor, «entweder keine Vernunft zu besitzen oder extrem unverantwortlich» zu handeln. Und auf der Straße demonstrieren am Samstag Zehntausende (100.000 laut Angaben der OrganisatorInnen), weltweit Hunderttausende, und die dänische Polizei nimmt 968 (!) AktivistInnen fest (mehr dazu später). Doch ich bin auf Reise respektive war mit Reisevorbereitung und dem letzten Samstag mit der Familie beschäftigt. Abgeschnitten vom ungeheuren Nachrichtenfluss, der via Internet aus dem Konferenzzentrum, dem Zentrum der AktivistInnen, den Redaktionen weltweit fließt. Nachts bis Hamburg, nun durch Norddeutschland (bei Schneefall und bedecktem Himmel) und Dänemark (bei Sonnenschein; wunderbare, die Farben intensiv hervorbringende, tiefstehende nordische Wintersonnne). Landschaften, die ich noch nie bereist habe und die mir doch vertraut sind aus Literatur, Filmen. Flaches Land, kaum besiedelte Sumpfgebiete im Norden Deutschlands; Meeresbuchten mit kleinen Dörfern mit diesen kleinen skandinavischen Schrägdachhäuschen in Dänemark - europäische Heimat, und mich macht das sentimental. Landschaften, über denen immer schon der Gedanke liegt: Wie sehen die in vierzig Jahren aus? Auch darum gehts in Kopenhagen. Landschaften, die immer ein Stück weit ein nostalgisches Gestern evozieren: die Sümpfe möchte man naiverweise als «unberührte Natur» sehen; es ist das meiste agrarisch; und kurz vor Kopenhagen steigt ein Zimmermann in alter Zimmermannstracht aus dem Zug, erin kleines Bündel als eiziges Gepäck.

Das ist wohl ein Risiko, diese Sehnsucht, die einfach nur rückwärtsgewandt sein kann; die Sehnsucht nach der früheren, scheinbar heilen Welt; eine Sehnsucht, mit der erfolgreich gerade die Rechtspopulisten und Minarettverbieterinnen arbeiten. Und doch sind dieser Zimmermann und dieses Heimatgefühl beim Betrachten fremder und doch vertrauter europäischer Landschaften Ausdruck einer Lebensweise, die dem nahe liegt, was es wohl anzustreben gilt: Die Freiheit der Genügsamkeit, mit einem kleinen Bündel zu reisen beispielsweise.

Statt dessen ist mein Gepäch voller schwerer Elektronik: Laptop, Mobiltelefon, Digitalkamera, Aufnahmegerät, Ladegeräte, Kabel... und ich bin, hier im Zug, abgeschnitten vom News-Stream. Alle beteiligen sich und hängen sich rein, Verhandler, AktivistInnen, JournalistInnen, es geht nicht anders, man findet sich nicht anders in dieser Masse von Menschen. Und doch ist das auch - mag das auch weit hergeholt scheinen - Ausdruck dieser Lebenswelt, die in die ökologische (nicht nur in die ökologische) Katastrophe führt: dieses Immer-Mehr, dieses Gehetzte. Bettina Dyttrich schreibt es in der aktuellen WOZ so: «Es hat keinen Sinn, auf internationale Verhandlungen zu hoffen, solannge dort das Entscheidende nicht infrage gestellt wird: eine Wirtschaftsform, die ihre eigenen Grundlagen zerstört, indem sie zum Wachstum gezwungen ist.»

Bin ich jetzt zu weit abgeschweift, kann man da noch folgen? Okay, ich stürze mich demnächst ins Gewühl. Ab dann geht’s weiter mit harten Facts aus Verhandlungen und allem rundherum!

PS: Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» schreibt, die EU verhalte sich an den Verhandlungen «verhuscht, als wäre sie eine Art größere Schweiz mit etwas mehr Minaretten». Das tönt lustig, auch wenn ich nicht genau weiß, was der Schreibende hier genau sagen will. Es zeigt aber klar: Die Schweiz nimmt definitiv niemand mehr ernst. In der Klimapolitik hat die Schweiz mit ihrer kleinmütigen Zielvorgabe, sich zu verhalten, als wäre sie ein durchschnittlich reiches EU-Land, eh schon darauf verzichtet, eine aktive Rolle zu spielen.


PS: In meinem Gepäck finde ich ein Gedicht von Alberto Caeiro alias Fernando Pessoa, das mir ein lieber Mensch da reingeschmuggelt hat und das gut passt:

Não tenho pressa:
não a têm o sol e a luna
Ninguém anda mais depressa
do que as pernas que tem.
Se onde quero estar
é longe, não estou
là num momento.

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    Autor

    Marcel Hänggi, ​Zürich
    wissenschaftlicher Mitarbeiter Verein Klimaschutz Schweiz (Gletscher-Initiative)
    Journalist | Buchautor
    ​dipl. Gymnasiallehrer


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