Für Konfusion sorgt in Kopenhagen ein «vertrauliches» Dokument, das der «Guardian» am Montag publik gemacht hat: ein «Plan B» angeblich von der dänischen Regierung (die Regierung selbst dementierte) für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen. Dass die dänische Regierung - wie es scheint das Büro des Premierministers, ohne Absprache mit der dänischen Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard - schon zu Beginn der Konferenz einen solchen, sehr wenig ambitionierten Plan vorbereitet hat, hat vor allem die Entwicklungsländer (nebst den Umweltorganisationen) erzürnt, während Ivo de Boer, der Chefverhändler der Uno, den Plan als unbedeutend abqualifiziert hat («This was an informal paper ahead of the conference given to a number of people for the purposes of consultations. The only formal texts in the UN process are the ones tabled by the Chairs of this Copenhagen conference at the behest of the Parties.»). Die großen Schwellenländer China, Indien, Brasilien und Südafrika haben mittlerweile einen eigenen Plan auf den Tisch gelegt und damit wiederum die restlichen Entwicklungsländer, die mit diesen vier in der G77 gemeinsam verhandeln, vor den Kopf gestossen. [Mittlerweile - in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember - ist noch ein neuer Vorschlag aufgetaucht: Präsentiert hat ihn die Allianz der kleinen Inselstaaten Aosis. Er ist ambitioniert und will die Erwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzen. Den kleinen Inselstaaten bleibt gar nichts anderes übrig - alles andere könnte ihr Ende bedeuten.]
Unterdessen lese ich in der TAZ einen gescheiten Text von Bernhard. Bernhard? Pötter, deutscher Journalist in Paris und Buchautor und mein Room-Mate in Kopenhagen ab dem kommenden Wochenende. Bernhards Buch «Tatort Klimawandel» ist in der heutigen Ausgabe der WOZ rezensiert (siehe hier); ich schliesse mich der Empfehlung vorbehaltlos an. Was die Stärke des Buchs ausmacht: Es betrachtet den Klimawandel - und das tut auch sein gestriger Text in der TAZ - politisch. Der Klimawandel geschieht nicht einfach, er wird gemacht, und da gibt es Täter, Opfer, Profiteure. Wenn man das ausser Acht lässt, kann man die Klimapolitik nicht verstehen. Denn: Mittlerweile haben die meisten Regierungen begriffen, dass alle verlieren, wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht. Zu handeln wäre also eine klassische Win-Win-Geschichte. Aber solche Marketingfloskeln wie «Win-win» pflegen mehr zu vertuschen als zu erhellen - etwa das Politische. Denn: Einige werden mehr verlieren und andere weniger, und wer die Welt vor allem als Marktplatz versteht, in dem es um Konkurrenz geht, der zieht eine Lösung vor, bei der er zwar verliert, aber weniger als alle andern, gegenüber einer Lösung, bei der er zwar gewinnt, aber nicht so viel wie die anderen.
Schließlich doch noch ein Bericht von vor Ort: Peter aus Zürich schreibt: «sensationell, was die dänischen aktivisten mit unterstützung aus der ganzen welt hier angeteigt haben. die polizei schüchtert ein, aber es dringt durch, dass sie primär auf einschüchterung aus sind [Mittlerweile ist das überholt: Die dänische Polizei hat ein Zentrum von AktivistInnen gestürmt und 200 Leute verhaftet]. aber es hält die leute nicht ab, für ihre zukunft einzustehen. es gibt grenzkontrollen aber noch keine meldung über rückweisungen. scheints rechnet auch die polizei mit 60'000. wer dabei ist, wird dabei gewesen sein, wer nicht, wird nicht dabei gewesen sein. es wird fieberhaft vorbereitet. die stimmung ist super und die abläufe sind extrem dynamisch. wer eine reise plant, sollte unbedingt bis und mit mittwoch 16. einplanen. es gibt jeden tag welcome und action training um 10.00 Uhr in Christiania (Cinema). am sonntag 13. auch in den beiden massenunterkünften. es gibt super aktionsküchen, infopoints, action guides in allen wichtigen sprachen. besprechungs-treffs der klimabewegung jeden ab 18.00 uhr in Ragnhildsgade. es gibt viele wichtige dinge zu tun, von pressearbeit bis unterkünfte herrichten. und super essen in den aktivistenküchen. das wetter ist und war in den letzten tagen mild. dennoch ist es gut, für warm ausgerüstet zu sein. unbedingt eine iso-matte mitbringen. ein kleines zelt kann wohl nicht schaden, obschon, bisher habe ich keine gesehen. ein kompostklo oder viele davon wären kul (gewesen).»