Bisher hat die ganze Diplomatie wenig gefruchtet; der Treibhausgas-Ausstoß hat sich in den letzten 23 Jahren nur beschleunigt. Weil das Problem zu komplex ist? Nein: Weil es so entwaffnend einfach ist und die Entscheidungsträger alles tun, um die einfachen Wahrheiten nicht sehen zu müssen.
Eine Klärung in acht Antworten.
Indem man mindestens vier Fünftel der bekannten Erdöl-, Kohle- und Gasvorräte dort lässt, wo sie sind, statt sie zu verbrennen und als CO2 in die Atmosphäre zu pusten. Zwar müssen darüber hinaus auch die Wälder vor Abholzung geschützt werden, die Landwirtschaft muss weniger Stickstoff einsetzen und so weiter. Aber ohne dass die fossilen Energieträger unter dem Boden bleiben, gibt es keinen erfolgreichen Klimaschutz. So einfach ist das.
2. Ist der tiefe Erdölpreis gut oder schlecht für das Klima?
Weder noch. Ein tiefer Ölpreis reduziert die Anreize, zu sparen; das ist schlecht fürs Klima. Ein hoher Ölpreis verstärkt die Anreize, mehr zu produzieren; das ist schlecht fürs Klima. Preise müssten gleichzeitig fallen und steigen: fallen für die Produzenten, steigen für die Konsumenten. Die Differenz zwischen den beiden Preisen müsste abgeschöpft werden – als CO2-Steuer oder «Preis» der CO2-Emissionen.
3. Kann ein CO2-Preis das Problem lösen?
Er müsste sehr hoch sein. Auf dem europäischen Markt kostet ein Zertifikat für eine Tonne CO2 gegenwärtig 8 Euro. Die Schweizer CO2-Abgabe auf Brennstoffe beträgt ab 2016 84 Franken pro Tonne, das CO2-Gesetz erlaubt maximal 120 Franken. Aber wie viel wäre wirksam? Man hat die Reaktion der Märkte auf unterschiedliche CO2-Preise mit ungeheuer komplexen Modellrechnungen simuliert. Aber überzeugender ist eine einfache Überlegung am Beispiel Erdöl: Produzenten dürfen für ihr Öl nur noch so viel bekommen, dass sich die Ausbeutung nicht mehr lohnt; Konsumenten müssen dafür so viel bezahlen, dass sie es nicht mehr wollen. Der Ölpreis lag 2008 bei 150 Dollar pro Fass – und das Zeug wurde nach wie vor gekauft. Die Produktion dagegen kostet in Saudiarabien nach wie vor weniger als 10 Dollar pro Fass. Damit sie sich nicht mehr lohnt, müsste der Preis tiefer liegen. Der CO2-Preis müsste somit mindestens die Differenz zwischen 10 und 150 Dollar abschöpfen. Das entspricht über 300 Franken pro Tonne CO2.
4. Tut das weh?
Einerseits: ja. Die Weltwirtschaft ist derart von billiger Energie abhängig, dass ein Ausweg nicht ohne große Verwerfungen gelingen wird. Andererseits töten die fossilen Energien, vom Grubenunfall über den Straßenverkehr bis zur Luftverschmutzung, mehr Menschen als alle Kriege und Epidemien der Welt. Ein Ausstieg wäre eine große Befreiung. Zieht man die langfristigen Klimaschäden in Betracht, ist die Bilanz sowieso positiv.
5. Lösen Erneuerbare das Problem?
Die Entwicklung der erneuerbaren Energietechnik war in den letzten Jahren imposant, und in Regionen ohne Zugang zu den herkömmlichen Energienetzwerken haben erneuerbare Energien längst die Nase vorn. Aber um die fossilen Energieträger vollständig aus dem Markt zu drängen, müsste erneuerbare Energie so wenig kosten wie die Produktion der billigsten fossilen – oder noch weniger, weil die herkömmlichen Energieträger den Vorteil haben, dass die bestehenden Infrastrukturen auf sie abgestimmt sind. Würden Erneuerbare derart billig, steigerte das die Energienachfrage gewaltig und es wäre sehr fraglich, ob sich diese Nachfrage decken ließe. Ohne politische Maßnahmen gegen die fossilen Energieträger genügt der Ausbau der Erneuerbaren nicht.
6. Hilft Erdgas?
Die Erdgasindustrie behauptet es. Tatsächlich setzt Erdgas pro Energieeinheit weniger CO2 frei als Erdöl und vor allem als Kohle, und so vermag ein Umstieg die Emissionen zu senken. Aber jeder zusätzlich geförderte Kubikmeter Gas ist zusätzlicher Kohlenstoff, der im Boden bleiben müsste. Erdgas hilft, länger auf dem falschen (fossilen) Weg zu bleiben.
7. Gibt es Alternativen?
Ja. In der Klimapolitik geht es vor allem darum, die Last der Klimapolitik halbwegs gerecht auf die Staaten zu verteilen. Was die Folgen des Klimawandels angeht, ist das zweifellos wichtig. Was die Lösungen angeht, ist es fatal, diese bloß als Bürde zu sehen. Würde eine Wende (nicht nur) im Energiebereich als Chance gesehen, eine menschenfreundlichere Welt zu schaffen, könnte Klimaschutz plötzlich attraktiv werden.
8. Ist das realistisch?
Nein. Denn das Gute setzt sich in der Welt ja nicht einfach durch, weil es gut ist. Der Ausstieg wird den Mächtigen weh tun und die werden sich wehren. Aber man ist auch nicht realistisch, indem man den eigenen Untergang kampflos hinnimmt.