Ich bin soeben aus Kopenhagen zurück. Womit kann ich dienen?
Zeit für ein paar Fragen?
Ein paar kurze Fragen, bitte.
Der britische Klimaminister Ed Miliband sagte vor der Konferenz, Kopenhagen sei «Jalta plus Bretton Woods mal Reykjavik» [die drei int. Konferenzen, die die Weltordnung seit dem 2. Weltkrieg am stärksten geprägt haben]. Teilen Sie diese Sicht?
Nein. Alles lösen zu wollen bedeutet nichts zu lösen. Es geht in Kopenhagen um den Klimawandel, nicht um die Weltordnung. Natürlich haben etwa die Entwicklungsländer auch andere Ziele, und das ist legitim und sollte beachtet werden. Aber hier eine neue Weltordnung schaffen zu wollen ist das beste Rezept für ein Scheitern.
Aber ist dies nicht die erste Konferenz von dieser Bedeutung, seit beispielsweise China derart mächtig geworden ist?
Ganz und gar nicht. Es gab schon viele internationale Konferenzen, die unter der neuen Machtkonstellation liefen, die G8- und die G20-Gipfel beispielsweise.
Auch wenn man nicht «alles» lösen will, ist die Komplexität des Problems Klimawandel außerordentlich und die Interessen der einzelnen Länder sind extrem unterschiedlich. Ist die Staatengemeinschaft im Rahmen der existierenden Institutionen überhaupt in der Lage, ein solches Problem zu lösen?
Ja. Ich glaube, die 17 Staaten, die zusammen 90 Prozent der Treibhausgasemissionen verursachen, sind schon in der Lage, in die richtige Richtung zu gehen.
Aber es sind nicht 17, sondern 193 Staaten beteiligt.
Es gibt überhaupt keinen Grund, alles mit allen 193 Staaten aushandeln zu wollen. Am Ende müssen natürlich alle 193 Teil des Prozesses werden. Aber Verhandlungen mit so vielen Parteien, das geht nicht.*
Wie kann man denn so divergierende Interessen zusammen bringen? Für die Inselstaaten geht es um ihr Überleben, Staaten wie China und Indien wollen ihr Wachstum nicht genau in dem Moment abbremsen, wo sie am Aufholen sind, die Regierung Obama kann nicht mehr bieten, weil ihr der Kongress nicht folgen wird...
Es gibt Wege: Schauen Sie sich unsere Website an. Da machen wir Vorschläge. Aber Sie haben schon Recht: Es ist extrem schwierig.
Es gibt Gerüchte, wonach die wichtigen Entscheidungen hier gar nicht im offiziellen Prozess, sondern in Gesprächen zwischen den Mächtigen - USA, China, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Indien usw. - hinter geschlossenen Türen gefällt werden.
Aber natürlich sprechen die miteinander auch bilateral. Nicht nur die Mächtigen, auch die Afrikaner sprechen sich ab, die Mächtigen sprechen mit den anderen usw. Das ist die normale Art, wie solche Verhandlungen funktionieren.
*PS: Das geschieht nun tatsächlich: Seit gestern (Donnerstag), 23 Uhr, verhandeln auf Einladung der dänischen Präsidentschaft 25 Staaten plus die EU-Kommission plus Un-Generalsekretär Ban auf allerhöchster Ebene (Staats- oder Regierungschefs plus ein/e MinisterIn) separat. Allerdings handelt es sich nicht einfach um die Größten, sondern um einige der Größten plus einige Kleinere, um eine repräsentativere Zusammensetzung zu erreichen - also neben USA, China, Indien, Brasilien, EU, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan usw. auch Äthiopien und Sudan, Grenada, Südkorea. Kollege Bernhard Pötter (der soeben ein Stück für die Taz (www.taz.de) von morgen schreibt), sprach gestern mit Thomas Kleine-Brockhoff, ehem. Redakteur der Zeit und heute an der German Marshall Foundation in Washington, D.C. tätig. Er sagte, wenn Kopenhagen scheitert, müsse nicht jede internationale Klimapolitik gescheitert sein, aber dann sei das das Ende des (europäischen) Traums, solche Probleme im Rahmen der Uno, unter Beteiligung aller, transparent und demokratisch lösen zu können.