Marcel Hänggi
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Ein Bisschen Angst vor dem Weltuntergang

2/10/2011

 
Manchmal lohnt es sich, auch Theorien ernsthaft zu diskutieren, die vielleicht Unsinn sind – etwa, wenn es um die komplizierten Vorgänge am Cern geht. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 10. Februar 2011
Merkwürdiges trug sich zu, jüngst auf den Seiten von «Telepolis». Am 23. Januar publizierte die Onlinezeitschrift den Text eines Wissenschaftlers, der vor dem Weltuntergang warnte. Begleitet von einem Kommentar, der feststellte, die Thesen des Professors seien zwar Unsinn, allerdings nicht Unsinns genug, als dass es sich nicht lohnte, sie ernsthaft zu diskutieren. 

Zwei Tage später fand sich auf «Telepolis» ein Gegenkommentar: «Abstruse Ideen», war dort zu lesen, «sollten vielleicht doch besser dem Papierkorb anvertraut werden.» Mit einem Hauch von Ironie distanzierte er sich «sine ira et studio» (das bedeutet, ohne Zorn und Eifer, also unparteiisch) vom ersten Kommentar. Das Merkwürdige an der Geschichte? Autor beider Kommentare war der Journalist und Buchautor Harald Zaun.
Der warnende Wissenschaftler war Otto Rössler, Chaosforscher, Chemiker, Physiker. Rössler will 2008 erkannt haben, dass die Experimente am Kernforschungszentrum Cern bei Genf, die diesen März nach einer Pause wieder aufgenommen werden, die Erde zerstören könnten. Die grosse Mehrheit der Physiker­Innen hält seine Thesen für falsch.

Nur wenige Menschen können der Debatte bis in ihre entscheidenden wissenschaftlichen Details überhaupt folgen. Journalist­Innen dürften sich keine darunter befinden. Die meisten, die darüber berichten, stellen sich auf den Standpunkt, das Cern habe die Ungefährlichkeit seiner Experimente belegt und die Mehrheit der Fachgemeinde sei sich dar­über einig, Punktum. Nun können wir uns der Meinung im Grunde anschliessen, dass Rössler «wahrscheinlich» irrt. Doch wie unwahrscheinlich muss eine Gefahr sein, damit sie akzeptabel wird, wenn es sich bei der Gefahr um den Weltuntergang handelt?

Genau diese Frage stellte 2003 einer der dekoriertesten Physiker, Sir Martin Rees, Hof­astronom der englischen Königin und Präsident der Royal Society, in seinem Buch «Unsere letzte Stunde». Mittlerweile hat er kalte Füsse bekommen. Er habe es, sagt er gegenüber der WOZ, nicht so gemeint. Die fragliche Passage ist aber klar, intelligent und lädt nicht zu Missverständnissen ein.

Es gibt in den Wissenschaften immer wieder Debatten, in denen die Positionen so festgefahren sind, dass sachliche Argumente kaum Gehör finden. Die Debatte um die Experimente am Cern ist so eine. Otto Rössler selbst kämpft «cum ira et studio». Ein Schuft, täte er es nicht, glaubt er doch die Welt in Gefahr. Dass sich Rössler dabei mitunter im Ton vergreift - wer mag ihms verargen. Die Gegenseite steht ihm nicht nach. Die Cern-VerteidigerInnen sehen nicht die Welt, aber doch ihr Weltbild infrage gestellt, was sie ebenso zu schmerzen scheint. Sie stellen jene, die das Cern kritisieren, als unwissenschaftlich dar   - das ist nicht der Ruf, den man als Wissenschaftsjournalist sucht. So warf «Scienceblogs.de» Harald Zaun «Panikmache» vor. Dieser streute, ebenfalls auf «Scienceblogs», Asche auf sein Haupt. Das war am Tag zwischen seinen beiden «Telepolis»-Kommentaren.

Auf Anfrage sagt Zaun, er stehe dazu, dass auch absonderliche Ideen diskutiert werden sollten. Allerdings habe er Rössler in seinem ersten Kommentar zu viel Wohlwollen entgegengebracht und sich deshalb korrigiert. Seine wirkliche Position liege «etwa in der ­Mitte» zwischen den beiden Kommentaren.

Und unsere? Es gibt in der Sache ein paar Fakten, die lassen sich auch ohne Physikkenntnisse beurteilen. So gab es am Cern nur eine interne und keine unabhängige Risikoevaluation. So hat ein Mitglied der Cern-internen Sicherheitsgruppe, John Ellis, in einem Interview gesagt, deren Resultat habe zum Voraus festgestanden (siehe WOZ Nr. 7/10). Das ist ein Skandal - unabhängig davon, was man von Personen wie Rössler hält.

Otto Rössler ist ein bunter Hund, der seiner Universität einen grotesken Streit geliefert hat. Manche WissenschaftsjournalistInnen   sprechen ihm schon deswegen jede Glaubwürdigkeit ab. Dass es unauffälligere Wissenschaftler wie Rainer Plaga oder Eric Penrose gibt, die den Sicherheitsbericht des Cern unabhängig voneinander ebenfalls kritisieren, wird kaum zur Kenntnis genommen.

Hierzulande haben die meisten Medien ihre Arbeit schlecht gemacht - sei es aus Angst, sich die Finger zu verbrennen, sei es in vorauseilender Gutgläubigkeit. Und, Ironie der Sache: Die Blogosphäre, von vielen als Hort der Transparenz gefeiert, trägt mit ihrer einschüchternden Aggressivität zur Intransparenz bei.
  
Marcel Hänggi

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    Autor

    Marcel Hänggi, ​Zürich
    wissenschaftlicher Mitarbeiter Verein Klimaschutz Schweiz (Gletscher-Initiative)
    Journalist | Buchautor
    ​dipl. Gymnasiallehrer


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