Dass mit der Aufmerksamkeit fürs Thema auch die LeugnerInnen der Klimakrise ihren Boom erleben: geschenkt. Bedenklicher sind die Stimmen, oft von Journalisten (selten Journalistinnen) in Chefpositionen, die durchaus finden, man müsse den Klimawandel ernst nehmen, die aber einem «gesunden Menschenverstand» das Wort reden, ohne sich um den Wissensstand zu kümmern: Nur nicht übertreiben! Ein charakteristisches Beispiel solcher Kommentare publizierte die NZZ just am Tag der Klimademo auf ihrer Frontseite.
«Greta» im Titel, wollte Auslandchef Peter Rásonyi die Aktivistin Thunberg doch nicht kritisieren: Sie sei ja «nur ein Kind, das für seine Aussagen und Theorien nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann». Wie infam. Wobei er es doch nicht ganz lassen kann: «Extrem» sei ihre Sprache, wenn sie «der politischen Weltelite entgegenschleudert: ‹Menschen leiden. Menschen sterben.›» Extrem ist, wer Leiden Leiden, Sterben Sterben nennt.
Doch Thunberg ist gut informiert, Rásonyi nicht. Der Weltklimarat IPCC, schreibt er, «empfehle», die Erderwärmung «auf 1,5 Prozent» (sic!) zu begrenzen. Das ist aber keine Empfehlung (das IPCC empfiehlt grundsätzlich nichts), sondern verpflichtendes internationales Recht. Der Auslandchef der NZZ hat das wichtigste internationale Abkommen des 21. Jahrhunderts offenbar nicht gelesen. Seine Antwort auf Thunbergs Protest ist die Fausts an Gretchen; die typische Erwachsenenausrede fürs Nichtstun: «Es ist eben sehr kompliziert.»
Nein, es ist einfach: Aufhören, Erdöl, Erdgas und Kohle zu verbrennen respektive aus dem Boden zu holen (für die Schweiz: das Aus-dem-Boden-Holen zu finanzieren). Aufhören, Wälder zu zerstören und Feuchtgebiete trockenzulegen (für die Schweiz: das mit Freihandelsverträgen zu erleichtern). Beginnen, Schäden rückgängig zu machen (wobei die Schweiz als reiches Land besonders in der Pflicht steht).
Es ist entwaffnend einfach – aber das Einfache ist nicht leicht. So wie die Lösung des Problems eines Alkoholikers einfach ist (aufhören zu trinken), aber nicht leicht. Leichter ist es, auf die Überbringerin der Botschaft einzudreschen.
Marcel Hänggi ist Mitinitiant der Gletscherinitiative.