
Wie sähe eine Stadt aus, die in einem strengen Sinne nachhaltig wäre – und in der das Leben Freude machte? Das untersucht der Sammelband Die Andere Stadt, herausgegeben von Hans Widmer (alias P.M.). Mein Beitrag zum Buch fragt nach dem Verkehr in der «Anderen Stadt». ![]() Die auffallendste Eigenschaft der Anderen Stadt, soweit es um den Verkehr geht – vielleicht ihre auffallendste Eigenschaft überhaupt –, ist, dass es keine Autos gibt. Es gibt motorisierte Fortbewegungsmittel, aber keines entspricht dem, was man heute, im frühen 21. Jahrhundert, unter «Auto» versteht. Den Bewohnerinnen und Bewohnern der Anderen Stadt käme es nicht in den Sinn, das Fehlen der Autos für eine auffällige Eigenschaft ihrer Stadt zu halten: Es ist normal. Man kennt Autos aus dem Museum, gewiss; die Älteren erinnern sich noch an die Autozeit, aber sie können kaum mehr nachvollziehen, dass das Auto einst als unverzichtbar und als Inbegriff von – ausgerechnet! – Freiheit galt. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Anderen Stadt können sich das System des Automobilismus kaum mehr vorstellen, das System aus Infrastruktur, Stadt- und Verkehrsplanung, Straßenverkehrsgesetzen und vor allem einer Mentalität, die allesamt auf das Automobil ausgerichtet waren. Vielleicht können sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Anderen Stadt die Autostadt unserer Gegenwart so wenig vorstellen, wie wir Heutigen – in den reicheren Teilen der Welt – uns die Städte aus der Zeit vor der Kanalisation vorstellen können, als die Abwässer offen durch die Straßen flossen, als an heißen Tagen auf seine Landhäuser flüchtete, wer konnte, als die Fenster öffentlicher Gebäude mit Kampfer-getränkten Vorhängen behängt wurden und die Cholera eine häufige Todesursache war. > Weiterlesen: Die Andere Stadt, herausgegeben von Hans Widmer, ist im Verlag Paranoia City erschienen.
Comments are closed.
|
AutorMarcel Hänggi Themen
Alle
|