Ein Verbot, schreibt der Bundesrat, könne «problematisch sein, wenn Substitute nicht in genügend grossen Mengen oder nicht zu vertretbaren Kosten verfügbar» seien.
Hinter diesem Argument steckt die Idee, Technik entwickle sich autonom, und die Politik müsse mit ihrem Handeln warten, bis die Technik bereit sei. Doch Techniken fallen nicht vom Himmel. Technik wandelt sich unter Rahmenbedingungen, die nicht zuletzt politisch gesetzt werden. Die meisten Techniken haben sich nicht einfach deshalb durchgesetzt, weil sie besser waren, sondern weil man ihnen (mit oder ohne Absicht) passende Rahmenbedingungen geschaffen hatte.
Drei Beispiele:
- Der Einsatz von Dampfmaschinen lohnte sich zunächst ausschliesslich in britischen Bergwerken. Ein halbes Jahrhundert nach ihrer Erfindung befahl König Friedrich II., die prestigeträchtige neue Maschine in einem preussischen Bergwerk einzusetzen. Sie wurde bald wieder abgebaut: Ihr Einsatz rechnete sich nicht. Dass das in Grossbritannien anders war, lag an den dortigen Gesetzen, die das Getreide verteuerten. Dadurch war auch Tierfutter und somit tierische Arbeitskraft teuer. Nur deshalb konnte die Dampfmaschine hier mit Pferde- und Ochsengöpeln konkurrieren. Aber weil sie es hier konnte, konnte sie auch so weit verbessert werden, bis sie schliesslich überall taugte.
- Der erste Bündner, der ein Auto kaufte, war 1898 der Landammann. Er gab sein neues Spielzeug bald wieder zurück, denn auf den Bergstrassen um Davos, wo er wohnte, taugte es nichts. Zwei Jahre später erliess seine Regierung ein Autoverbot, das 25 Jahre Bestand haben sollte. Das Auto ist erst eine nützliche Technik, seit die Politik autogerechte Strassen baut und Gesetze erlässt, die Fussgänger und Velos von diesen Strassen fernhalten. Dass dies geschah, lag daran, dass die Eliten im Auto ein Zeichen des Fortschritts sahen und Alternativen wie das bis weit ins 20. Jahrhundert viel wichtigere Velo verachteten.
- In der Pionierzeit der Atomspaltung war die Elektrizitätswirtschaft nicht an Atomkraftwerken interessiert. Das änderte sich, als klar wurde, dass die öffentliche Hand bereit war, diese als besonders «fortschrittlich» wahrgenommene Technik mit gigantischen Beträgen zu fördern, und die USA Reaktoren zu Dumpingpreisen anboten, um Westeuropa von amerikanischem Know-how abhängig zu halten.
Die Politik erfindet keine neuen Techniken. Aber sie setzt Rahmenbedingungen, die darüber entscheiden, ob sich eine technische Innovation durchsetzt oder nicht. Ein langfristig angekündigtes Verbot fossiler Energie ist der beste Anreiz, Ersatz zu entwickeln und bereitzustellen. Wenn der Bundesrat argumentiert, man könne nicht politisch konsequent handeln, solange Substitute noch nicht ausreichend oder günstig genug zur Verfügung stünden, zäumt er das Pferd am Schwanz auf: Gerade weil die Ersatztechniken noch nicht ausreichend vorhanden sind, muss die Politik vorangehen und Anreize schaffen, die Situation zu ändern.