Dank Erfindungen wie Dampfmaschine und Verbrennungsmotor, schreibt Borner, hätten neue Energieformen alte und ineffiziente wie «Sklaven und Segel» (so der Titel des Kommentars) abgelöst. Nur deren höhere Überschüsse hätten unseren Wohlstand ermöglicht. Sich jetzt von diesen, nämlich den fossilen und nuklearen Energien ab- und mittels «planwirtschaftlich diktierter Massnahmen» wieder den alten Energien (Wind, Sonne …) zuwenden zu wollen, wäre ein «zivilisatorischer Rückschritt».
Aber Borner irrt: Alle seine Beispiele sind falsch.
Wenn Wind Schiffe direkt antreibt, ohne Umweg über andere Energieformen wie elektrischen Strom, dann ist das höchst effizient. Dampfschiffe können da nicht mithalten, und sie rechneten sich auch ökonomisch nicht, als sie die Segelschiffe zu verdrängen begannen. Durchgesetzt haben sie sich, weil Grossbritannien ihre Entwicklung massiv subventionierte – aus militärischem Interesse.
Die Dampfmaschine hat auch die Wasserkraft abgelöst. Diese hatte Nachteile: Sie war standortgebunden, an den Gewässern ergaben sich Nutzungskonflikte, und die Leistung liess sich nicht beliebig steigern. Aber punkto Energieausbeute war die Wasserkraft der Dampfkraft weit überlegen, und heute ist sie die Energieform mit dem höchsten so genannten Erntefaktor. Gegenüber der tierischen Arbeitskraft war Dampf zunächst einzig in Grossbritannien konkurrenzfähig: Hier war die tierische Arbeitskraft teuer, weil britische Gesetze im Interesse der Landbesitzer das Getreide – und somit das Futter der Arbeitstiere – verteuerten.
Die Sklaverei schliesslich wich der Dampfkraft nicht, im Gegenteil: Sie blühte mit ihr auf. In den USA versechsfachte sich die Zahl der Sklaven zwischen 1780, als die Dampfmaschinen in der Industrie aufkamen, und 1865, als der US-Kongress die Sklaverei in den USA anschaffte. Denn die dampfbetriebenen Textilfabriken verarbeiteten immer mehr Baumwolle – die nach wie vor mit menschlicher Zwangsarbeit produziert wurde. Die Sklaverei ging nicht zu Ende, weil eine bessere Energieform sie abgelöst hätte, sondern dank einem politisch verfügten «Technologieverbot».
Es gibt kein historisches Gesetz, demzufolge sich stets effizientere Energieformen durchsetzen. Es gibt aber ein ökonomisches «Gesetz», wonach bestimmte Energieformen mit der Zeit stets geringere Ausbeuten erzielen, weil sich die besten Vorkommen erschöpfen und man auf immer schwerer zugängliche Vorkommen zugreifen muss (das so genannte Prinzip des abnehmenden Grenznutzens). Beim Erdöl etwa hat sich die Ausbeute dramatisch verschlechtert: Um 1930 enthielt das Öl aus texanischen Ölfeldern etwa 100-mal so viel Energie, wie zu seiner Förderung aufgewendet werden musste. Heute dürfte dieser Wert im globalen Schnitt noch bei ungefähr 10:1 liegen. Der Erntefaktor der Fotovoltaik bewegt sich laut jüngsten Studien im selben Bereich, wobei die Fotovoltaik die guten Standorte noch lange nicht ausgeschöpft hat und die Technik rasch voranschreitet, so dass dieser Wert steigen und nicht wie beim Erdöl sinken wird.
Die Geschichte der Energietechniken eignet sich nicht als Argument gegen staatliche Eingriffe in den Energiemarkt. Es gibt kein historisches Gesetz des Fortschreitens zu stets höheren Energieüberschüssen, und die Energieformen, die wir heute nutzen, haben sich nicht durchgesetzt, weil sie höhere Ausbeuten erbrachten. Sondern mithilfe von Verboten und Markteingriffen.