Zwischen Tradition und Moderne – die Schweiz in den 1920er Jahren: Das Auto setzt sich durch
1. Krisenzeit
2. Modernisierung der Lebenswelt
3. Der Siegeszug des Automobils
3.1 Quellengruppe 1: Widerstand
3.2 Quellengruppe 2: Faszination
3.3 Quellengruppe 3: Disziplinierung im Straßenraum
• Vergleichen Sie den Auszug aus einem – für seine Zeit typischen – Gerichtsprotokoll von 1922 (Quelle 1) mit dem Zitat eines Nationalrats aus dem Jahr 1931 (Quelle 2) und dem Schulwandbild von 1934 (Quelle 3). Was bedeuteten die Veränderungen, die sich hier abzeichnen, für die große Mehrheit – die zu Fuß Gehenden – und namentlich für die Kinder?
• Inwieweit sind die Quellen überhaupt vergleichbar, inwiefern nicht?
• Wenden Sie an, was Sie über Quellenkritik / Quellenanalyse gelernt haben!
Quelle 1 (1922)
Das Aargauer Obergericht muss zur Frage Stellung nehmen, ob ein Fußgänger, der von einem Auto angefahren wurde, eine Mitschuld trifft. In seiner Urteilsbegründung schreibt das Gericht am 6. März 1922:
« … daß ein Fußgänger auf der Straße völlig frei ist, wo er gehen will, daß ferner nicht nur normalhörige, sondern auch schwerhörige Personen, ja sogar Taubstumme und Leute mit schweren Holzschuhen die Straße betreten dürfen. Denn sie gefährden andere nicht; das Gefahrenmoment aber schafft das Automobil, das mit bedeutend größerer Schnelligkeit als der Fußgänger sich fortbewegt.»
zitiert nach Toni Fischer: Der Fussgänger im Strassenverkehr, Zürich 1979.
Das Aargauer Obergericht muss zur Frage Stellung nehmen, ob ein Fußgänger, der von einem Auto angefahren wurde, eine Mitschuld trifft. In seiner Urteilsbegründung schreibt das Gericht am 6. März 1922:
« … daß ein Fußgänger auf der Straße völlig frei ist, wo er gehen will, daß ferner nicht nur normalhörige, sondern auch schwerhörige Personen, ja sogar Taubstumme und Leute mit schweren Holzschuhen die Straße betreten dürfen. Denn sie gefährden andere nicht; das Gefahrenmoment aber schafft das Automobil, das mit bedeutend größerer Schnelligkeit als der Fußgänger sich fortbewegt.»
zitiert nach Toni Fischer: Der Fussgänger im Strassenverkehr, Zürich 1979.
Quelle 2 (1931)
Auszug aus einem Votum von Nationalrat Adrien Lachenal (FDP GE; Gründungsmitglied der Autosektion des TCS) an der Beratung des ersten Eidgenössischen Motorfahrzeug- und Fahrradgesetzes vom 19. März 1931; ein Gesetz, das jegliches Tempolimit inner- und außerorts aufhob!
« Il arrivera certainement un jour – et nous nous en approchons à grands pas, car de grands progrès ont été faits depuis 5 ans – où le piéton cessera de considérer automatiquement comme un ennemi personnel tout automobiliste qu’il rencontrera. L’antagonisme effroyable du début a trouvé un premier apaisement depuis qu’on a commencé à goudronner les routes systématiquement. Le principal obstacle à la bonne entente était l’abominable poussière que, malheureusement, on ne pouvait pas éviter ; ce fléau a aujourd’hui disparu. (…)
J’ai déjà fait allusion dans mon rapport à l’effort très considérable qui est fait par le Touring-Club pour attirer l’attention des enfants des écoles sur le fait qu’ils n’ont plus le droit de considérer la voie publique comme étant sans danger, de sortir au galop d’une porte directement sur la rue, de jouer au foot-ball à un endroit où ils savent qu’une automobile peut surgir. »
Amtliches stenographisches Bulletin der Bundesverwaltung
Auszug aus einem Votum von Nationalrat Adrien Lachenal (FDP GE; Gründungsmitglied der Autosektion des TCS) an der Beratung des ersten Eidgenössischen Motorfahrzeug- und Fahrradgesetzes vom 19. März 1931; ein Gesetz, das jegliches Tempolimit inner- und außerorts aufhob!
« Il arrivera certainement un jour – et nous nous en approchons à grands pas, car de grands progrès ont été faits depuis 5 ans – où le piéton cessera de considérer automatiquement comme un ennemi personnel tout automobiliste qu’il rencontrera. L’antagonisme effroyable du début a trouvé un premier apaisement depuis qu’on a commencé à goudronner les routes systématiquement. Le principal obstacle à la bonne entente était l’abominable poussière que, malheureusement, on ne pouvait pas éviter ; ce fléau a aujourd’hui disparu. (…)
J’ai déjà fait allusion dans mon rapport à l’effort très considérable qui est fait par le Touring-Club pour attirer l’attention des enfants des écoles sur le fait qu’ils n’ont plus le droit de considérer la voie publique comme étant sans danger, de sortir au galop d’une porte directement sur la rue, de jouer au foot-ball à un endroit où ils savent qu’une automobile peut surgir. »
Amtliches stenographisches Bulletin der Bundesverwaltung
Quelle 3 (1927)
Eine Seite aus einem Leporello für Kinder des Polizeidepartements des Kantons Basel-Stadt aus dem Jahr 1927.
Eine Seite aus einem Leporello für Kinder des Polizeidepartements des Kantons Basel-Stadt aus dem Jahr 1927.
Quelle 4 (1934)
«Der geordnete Straßenverkehr in der Stadt», Schulwandbild des Automobil Clubs der Schweiz (ACS), 1934, Lithografie von Eugen Hartung, ca. 80 x 60 cm.
Der ACS stellte 1934 mehrere solcher Poster für Schulen her; weitere Poster trugen Titel wie «Der ungeordnete Straßenverkehr in der Stadt», «Der ungeordnete Straßenverkehr im Dorf», «Der nächtliche Straßenverkehr». – Der ACS legte die Serie 1954 leicht verändert neu auf.
> weitere (nicht alle) der ACS-Schulwandbilder von Eugen Hartung finden Sie hier.
«Der geordnete Straßenverkehr in der Stadt», Schulwandbild des Automobil Clubs der Schweiz (ACS), 1934, Lithografie von Eugen Hartung, ca. 80 x 60 cm.
Der ACS stellte 1934 mehrere solcher Poster für Schulen her; weitere Poster trugen Titel wie «Der ungeordnete Straßenverkehr in der Stadt», «Der ungeordnete Straßenverkehr im Dorf», «Der nächtliche Straßenverkehr». – Der ACS legte die Serie 1954 leicht verändert neu auf.
> weitere (nicht alle) der ACS-Schulwandbilder von Eugen Hartung finden Sie hier.